Blogeinträge (Tag-sortiert)

Tag: Worte

Amtliche Kauderwelsch-Linguistik

Falls Sie die Intention haben, per privatem motorisierten Beförderungsmittel von Ihrem angestammten Wohnsitz an einen Ort Ihrer Wahl zu gelangen, sollten Sie beachten, dass das Befahren des Straßenbegleitgrüns* strengstens untersagt ist. Bei Zuwiderhandlung, auch im Falle einer Höchstgeschwindigkeitsbeschränkungsüberschreitung oder wenn Sie durch den Verzicht auf die Verwendung des zur technischen Standardausrüstung nach DIN-Norm gehörenden Fahrtrichtungsanzeigers* andere Straßenverkehrsteilnehmer auf der Fahrbahn erheblich gefährden, ist der eventuell in diesem Bezirk augenblicklich kontrollierende Kontaktbereichsbeamte* ausdrücklich befugt, den Verstoß gegen die jeweilige Verkehrsordnungsbestimmung mit einer der Zuwiderhandlung entsprechenden monetär zu begleichenden Strafe und / oder einem Eintrag in das Straßenverkehrssünderegister zu ahnden. Dies gilt gleichermaßen, wenn Sie ein Wechsellichtzeichen*, welches im Augenblick des Überfahrens eindeutig eine signalfarbige Optik aufwies, missachten und ein Kontaktbereichsbeamter Kenntnis davon erlangt hat. In einem solchen Kasus ist jegliche Überlegung, ob es nicht doch besser gewesen wäre, wenn Sie sich trotz der kurzen Strecke per Luftverlastung* nach ... hätten fortbewegen lassen, hinfällig, denn der Kontaktbereichsbeamte wird dafür wenig Verständnis aufbringen können.


Es stellt sich die - im Übrigen berechtigte - Frage, ob es für Sie nicht lohnenswerter und dabei letztendlich genauso effektiv wäre, sich gleich der dank auf Beschluss des Kommunalverwaltungsstraßenbauleitungsamtes kürzlich erfolgter Baurenovierung gut ausgebauten fußläufigen Zuwegung* zu bedienen. Da statistisch gesehen diese fußläufigen Zuwegungen nach heutigem Stand von lediglich 20%** aller Straßenverkehrsteilnehmer regelmäßig genutzt wird, profitieren Sie bei der Wahl dieses Straßenverkehrsnetzelementes zusätzlich von der vollständigen Verkehrsstockungsfreiheit.


Sind Sie dann - möglicherweise mit verhältnismäßigen Ermüdungserscheinungen - an Ihrem Ziel angelangt und haben erfolgreich die Personenvereinzelungsanlage* des Warenveräußerungsgebäudes oder der Freizeitwassersportanlage Ihrer Wahl durchschritten: Herzlichen Glückwunsch! Sie haben das Eignungsfeststellungsverfahren zum angehenden Verwaltungsbeamtengermanistikschreiber mit Bravour bestanden.

 


* Kleines Sprachglossar: Bürokratisch - Deutsch

Straßenbegleitgrün = begrünter Mittelstreifen
Fahrtrichtungsanzeiger = Blinker
Kontaktbereichsbeamter = Polizist
Wechsellichtzeichen = Ampel
Luftverlastung = Transport per Hubschrauber
fußläufige Zuwegung = Fußweg
Personenvereinzelungsanlage = Drehkreuz

** Diese Zahl ist natürlich rein fiktiv, eine kreative Freiheit, die ich mir erlaubt habe, und daher mangels konkreter Zweckmäßigkeit nicht überprüft. Sollte irgendjemand zu viel Zeit übrig haben, eine solche Fußgängerstatistik auf eigene Faust zu erstellen, würde ich mich über eine Mitteilung über das Ergebnis freuen. ;-)


Wikipedia-Link: Beamtendeutsch
IDEMA - Eine Initiative zur Vereinfachung beamtendeutscher Sprache
Weitere Beispiele für Beamtendeutsch
Rotkäppchen auf Amtsdeutsch

Karin 01.05.2007, 18.35 | (0/0) Kommentare | PL

Nur 1

Bei diesem Stöckchen geht es darum, zu jeder Frage nur ein einziges Wort zu schreiben, das einem spontan als erstes in den Sinn kommt.
Also, ich finde es nicht so schwierig wie Ocean - ich kann mich auch kurz fassen, wenn ich will. ;-)

1.) Wo ist Dein Handy? Tasche
2.) Dein Partner? inexistent
3.) Deine Haare? kurz
4.) Deine Mama? inmemoriam
5.) Dein Papa? freundlich
6.) Lieblingsgegenstand? Buch
7.) Dein Traum von letzter Nacht? vergessen
8.) Dein Lieblingsgetränk? Rotwein
9.) Dein Traumauto? keines
10.) Der Raum in dem Du dich befindest? orangebewandet
11.) Dein Ex? kommentarlos
12.) Deine Angst? weg
13.) Was möchtest Du in 10 Jahren sein? erfolgreich
14.) Mit wem verbrachtest Du den gestrigen Abend? alleine
15.) Was bist Du nicht? angepasst
16.) Das letzte was Du getan hast? gelesen
17.) Was trägst Du? bequemes
18.) Dein Lieblingsbuch? viele
19.) Das letzte was Du gegessen hast? Käseundtomatenbrot
20.) Dein Leben? innerlich
21.) Deine Stimmung? entspannt
22.) Deine Freunde? wenige
23.) Woran denkst Du gerade? Pläne
24.) Was machst Du gerade? schreiben
25.) Dein Sommer? jetzt
26.) Was läuft in Deinem TV? nichts
27.) Wann hast Du das letzte Mal gelacht? heute
28.) Das letzte Mal geweint? März
29.) Schule? lebenslänglich
30.) Was hörst Du gerade? Autos
31.) Liebste Wochenendbeschäftigung? (Foto)spaziergang
32.) Traumjob? Ãœbersetzerin
33.) Dein Computer? alt
34.) Außerhalb Deines Fensters? Straße
35.) Bier? gern
36.) Mexikanisches Essen? einverstanden
37.) Winter? traumhaft
38.) Religion? Nebensache
39.) Urlaub? Selbsterfahrungstrip
40.) Auf Deinem Bett? Kissen
41.) Liebe? finden
42.) Stock-Empfänger? Stock-Habenwoller :-) 

Karin 25.04.2007, 22.19 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Wölfe die Zweite

Der vorige Beitrag handelte ja von einem (fiktiven, der jedoch repräsentativ für viele tatsächlich existierende Wölfe steht) in freier Wildbahn lebenden Wolf. Einem, der das Glück hat, in Freiheit aufgewachsen zu sein und zu leben. Möge dies auch immer so bleiben und als nachdenkenswertes Beispiel für den Fortgang der Wiederansiedelung dieser Tiere sein, und mögen die Menschen die Bedeutung dieser Wiederansiedelung nicht nur verstehen, sondern durch ihr Handeln auch unterstützen. Und nicht die frisch eingewanderten Wölfe abknallen oder so - eine Sache, die mich sehr traurig stimmen würde und wo ich auch keinen Hehl aus meiner Enttäuschung über solche Menschen machen würde...

Hier möchte ich hingegen mal ein Beispiel für das Gegenteil zeigen: Von Wölfen, die gezwungen sind, in Unfreiheit zu leben (und dies auch stellvertretend für andere Tierarten, die dasselbe Schicksal teilen):

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Auch die Tatsache, dass sie mit ihrem Schicksal nicht allein sind, macht diesen Aufenthalt im "Gefängnis" nicht unbedingt schöner (besser erträglich vielleicht, aber...):

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Irgendwie erinnert mich das an das bekannte Rilke-Gedicht:


Der Panther (durch "Der Wolf" ersetzbar)


Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müde geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein grosser Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf --. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille --
und hört im Herzen auf zu sein.


Rainer Maria Rilke



... "und hört im Herzen auf zu sein" ...


Ja, wo isser denn hier, der Wolf? ->

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Ursprünglich war dieses Bild übrigens gar nicht als Rätselsuchbild gedacht. Aber da an meiner Kamera die Zoomfunktion durch einen Fall des Gerätes kaputt ist, konnte ich eben so manches Fotomodell nur aus der Ferne fotografieren.
Aber aus allem lässt sich natürlich auch etwas Positives ziehen, wie etwa mit diesem Rätsel.
Viel Spaß beim Raten! Denn es ist ja nicht so, dass man ihn nicht entdecken könnte, wenn man genau hinschaut...

Karin 23.04.2007, 21.47 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL

"Stilblüten" *gg*

Lustig, wie der Yahoo-one-click-Ãœbersetzungsdienst meine Website translatet.
Man beachte vor Allem, wenn die Suchmaschine einige Worte unübersetzt auf Deutsch stehen lässt, weil sie das betreffende Wort nicht kennt oder Umlaute nicht erkennt:

"Glueck is a smell,
the nobody to flow can do,
without even a Brise abzubekommen."


Oder wenn umgekehrt Begriffe und Eigennamen übersetzt werden, die eigentlich nicht übersetzt gehören (was der Computer ja nicht weiß, denn er ist ja dumm):

More quietly (max of freshness)

Soll ich Euch jetzt raten lassen, wer oder was gemeint ist? *gg* Ihr braucht ja nur die Textstelle rauszusuchen.

Alles in allem aber immer noch brauchbar für ausländische Besucher, und allemal qualitativ besser als Google. Da will ich gar nicht erst nachschauen, was für un-sprachliche Kapriolen der wohl schlägt, um meinen Blog linguistisch zu verunstalten...

Chers non-german speaking Besucher meines Blogs: Wenn vous ne comprenez nicht Deutsch, ich recommand Euch de préférance diesen von Yahou traduieren zu lassen. Das ist nicht ganz so misérable wie Googèle.

*lacht sich wech*

Karin 14.04.2007, 17.26 | (0/0) Kommentare | PL

Wille und Tat

Wie viele Male
schaut der Wille durch's Fenster,
ehe die Tat
durch's Tor geht.

~Erasmus von Rotterdam~
niederländischer Theologe und Humanist
*28.10.1466 (Rotterdam)
†12.07.1536 (Basel)

Und das hat sogar Vorteile: Denn während der Wille durchs Fenster sieht, verschafft er sich damit auch einen Überblick und bereitet sich so auf die "Welt da draußen" vor.
Viele Menschen verkennen das und denken, die Gestalt hinter dem Fenster wäre einfach nur zaghaft. Dem ist in Wahrheit aber nicht unbedingt so.
Am Ende werden die Menschen VOR dem Fenster dann staunen, wie standhaft und gut gerüstet er dann durch das Tor schreitet und zuschaut, wie sie so wankelmütig durchs Leben stolpern.

Ein so kluger Spruch mit so viel inhaltlicher Tiefe, den ich nur unterschreiben kann!

Karin 11.04.2007, 19.07 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Kreative Lösung ;-)

Ostern ist zwar noch nicht vorbei / doch dies Gedicht, das steht mir frei:

Auf ein Ei geschrieben

Ostern ist zwar schon vorbei,
Also ist dies kein Osterei.
Doch wer sagt, es sei kein Segen,
Wenn im Mai die Hasen legen?
Aus der Pfanne, aus dem Schmalz
Schmeckt ein Eilein jedenfalls,
Und kurzum, mich tät's gaudieren,
Dir dies Ei zu präsentieren,
Und zugleich tät es mich kitzeln,
Dir ein Rätsel drauf zu kritzeln.

Die Sophisten und die Pfaffen
Stritten sich mit viel Geschrei.
Was hat Gott zuerst erschaffen,
Wohl die Henne? Wohl das Ei?
Wäre das so schwer zu lösen?
Erstlich ward ein Ei erdacht.
Doch weil noch kein Huhn gewesen,
Schatz, so hats der Has gebracht.

(c) Eduard Mörike 1804-1875

Tja, so einfach kann das sein! ;-)
Weitere Ostergedichte, meist bekannter Autoren.

Karin 08.04.2007, 09.00 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Was der Wind uns sagt


Der Wind knickt die Eiche um, aber das Schilf schafft er nicht.

Aus Ungarn

~

Fehlt es an Wind, so greife zum Ruder.
Deutsches Sprichwort
 

Karin 06.04.2007, 23.48 | (0/0) Kommentare | PL

Das Wesentliche ist:

Kam mir beim heutigen Seelebaumeln lassen und freien Sinnieren und Tagträumen so in den Sinn:

Höre immer auf Dein Herz!
Dein Verstand kann Dich mit seinen Interpretationsmöglichkeiten verwirren oder gar willentlich belügen; auch wenn er auf manchem Gebiet noch so spitze und vielleicht unerlässlich ist - im Wesentlichen hat er keine Ahnung (was etwas anderes ist als etwas nicht zu wissen).
Und wenn Dir das Herz in die Hose rutscht, dann will es Dir damit oft einfach nur "nein" sagen.

(c) Karin Scherbart

Nein, dies bezieht sich jetzt weder auf mich noch auf irgendwelche aktuellen Gegebenheiten, sondern nur einfach so. :-) Und ich habe keine Lust, hier darzulegen, in welchen gedanklichen Zusammenhängen mir diese Dinge kamen. Nö.

Ich weiß, ich weiß, das sind nicht sehr karfreitägliche Gedanken. Wenn ich gewillt wäre, meine persönlichen Gedanken nach religiösen Events auszurichten (was ich definitiv nicht bin), dann würde ich jetzt wohl über "Tod, Schuld und Vergebung" etc. nachdenken. Im letzten Jahr passte das erste (in Kombination mit Auferstehung) symbolisch gesehen zufällig zu meiner Lebenssituation. In diesem Jahr hingegen bei mir überhaupt nicht.

Außerdem werde ich sicherlich demnächst auf dem Jakobsweg genügend Zeit haben, über solche Themen zu meditieren. Insofern: Ja, ein wenig spirituell beziehungsweise besinnlich in den Gedanken soll mein Jakobsweg schon sein. Allerdings nicht im Sinne von religiösen Ritualen und Sonstigem, das ich nur als übergestülpt empfinden würde und womit ich auf meinem Weg nichts anfangen kann.

Karin 06.04.2007, 22.23 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL

Sonntagsbeitrag

Eine Geschichte aus eigener Feder. Feedbacks natürlich willkommen. Viel Spaß beim Lesen! :-)


Am Bahnhof

Du blickst in die Ferne. Die Schienen führen zielstrebig über den Horizont. Wie die Sprossen einer Himmelsleiter liegen die Querbretter da. Wohin der Weg wohl führen mag? In leichten Kurven windet sich die Strecke zu einem unbekannten Ort...


Bahnhof X – Endstation. Bitte alles aussteigen. Quietschend öffnen sich die Türen, entlassen dich auf einen mit lauter fremden Menschen gefüllten Bahnsteig, die in wilder Hast einem festen Ziel zueilen. Aber du, du stehst da. Wirst ab und zu von einem der Ungeduldigen angerempelt – einem von denen, die es so eilig haben, als würden sie sonst etwas verpassen, etwa einen Termin, den sie für wichtig genug halten, dass es solch eine Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Menschen in ihrem Umfeld rechtfertigen würde.

Du weißt nicht recht, wohin. Kennst niemanden in dieser Stadt. Du bist frei, kannst überall hingehen, wohin auch immer Dein Herz dich leiten mag. Doch im Moment ist dieses stumm. Irgendwie fühlst du dich verloren, vergessen, stehen gelassen, du weißt auch nicht warum, denn eigentlich solltest du darauf gefasst sein. Es war deine Entscheidung, allein und ganz spontan, ohne Plan, hierherzukommen. Du hattest einfach nur große Lust, heute – nur heute – ein Ticket nach X zu lösen und in den nächsten Zug zu steigen, der dorthin fuhr. Es war dein freier Tag, du hattest nicht Besseres vor – also, warum nicht diesem Drang nachgeben?

Aber warum ausgerechnet X? Du hast keine Ahnung, diese Stadt sagt dir nichts, rein gar nichts verbindet dich mit ihr, und dir fällt auch keine Sehenswürdigkeit ein, die dich hier sonderlich interessiert hätte.

Noch immer ratlos, bist du inzwischen die Treppe hinabgestiegen und hast beschlossen, dir erstmal in irgendeinem Bahnhofsbistro einen Latte Macchiato zu gönnen. Während du ihn langsam im Stehen genießt, siehst du die Leute an dir vorübergehen, hängst deinen eigenen Gedanken nach und kommst dir ansonsten ziemlich anonym vor. Niemand will mit dir reden, keiner hat Zeit für einen Plausch, alle geben (ohne dies mündlich äußern – es steht in ihren Gesichtern geschrieben) vor, ihren Beschäftigungen nachgehen zu müssen, ohne ein Päuschen oder Raum für ein bisschen Menschlichkeit.

Niemand interessiert sich für eine unbekannte Person, die offenbar nicht hier einheimisch ist und noch dazu nicht sehr gesprächig zu sein scheint (irgendwie kein Wunder, dass keiner mit ihr redet, außer dem Bistrobesitzer mittleren Alters, als sie ihren Kaffee bestellt hat).

Du trinkst den letzten Schluck aus deinem Latteglas, als dir auffällt, dass noch zwei Amarettinigebäcke daneben auf dem Unterteller liegen. Die musst du wohl übersehen haben; normalerweise gedenkst du sie mit dem Löffel in den Milchschaum zu tunken. Mit einem Happs landen sie beide auf einmal knuspernd in deinem Mund. Irgendwie trocken... Aber da du nichts mehr zum Nachspülen hast, schluckst du sie halt so hinunter. Und musst husten.

Peinlich, peinlich, dass dir das ausgerechnet hier, wo alle es mitbekommen und du ohnehin als Fremdling geoutet bist, passieren muss! Wohlwollend klopft dir jemand auf den Rücken. Zunächst traust du dich nicht, dich umzudrehen; außerdem bist du ohnehin zu sehr damit beschäftigt, die Kekse in den richtigen Hals zu bekommen.

Doch als du dich dann doch umdrehst, siehst du niemanden. Am anderen Ende des Tresens glaubst du, ein paar Leute unterdrückt grinsen zu sehen, bist dir aber aus der Entfernung nicht sicher. Hast auch keine Lust hinzugehen und nachzufragen – die Sache ist dir ohnehin schon unangenehm genug. Also verschwindest du wortlos.

Wohin? Wieder diese Frage, und wieder einmal führt sie dich ins Leere. Herrgott noch mal, ich habe wirklich keinen blassen Schimmer, was ich hier will!, denkst du. Einen Augenblick erwägst du, zurückzufahren. Aber dann wäre die ganze Fahrt tatsächlich umsonst gewesen. So dicke habe ich’s auch nicht, dass ich einfach so in eine andere Stadt fahre, bloß um einen Kaffee zu trinken! Das kannst du zu Hause genauso gut.

Von oben hörst du die Züge an- und abrollen. Siehst die Menschen die Treppen zu den Bahnsteigen schnell hochrennen, um noch auf den letzten Drücker ihren Zug zu bekommen. Du meinst sogar, hier und da ein leises Fluchen zu vernehmen von Leuten, die ihn trotz der Rennerei nicht mehr gekriegt haben und ihm daher nur noch von hinten nachwinken können. Zum Glück geht das Fluchen in dem lauten Gemurmel ringsum beinahe unter – oder hast du es dir tatsächlich nur eingebildet?

Egal. Du willst dich jetzt nicht damit aufhalten. Sonst bleibe ich noch ewig wie dumm an dieser Stelle stehen, ermunterst du dich selbst, und stehe den Leuten gelegentlich, vor Allem aber mir selbst im Weg. Weiter!


Du beschließt, dich einmal in Ruhe in der Stadt umzusehen. Wie du da so bei strahlendem Sonnenschein durch die Straßen schlenderst und dabei auch in das eine oder andere versteckte Gässchen blickst, das die anderen übersehen, da wird dir dieser Ort immer sympathischer. Auch die Menschen scheinen hier fröhlicher zu sein als noch im Bahnhof – selbst wenn sie gerade schwere Einkaufstüten zu schleppen haben, in denen sie all jene erfüllten Wünsche materiellen Konsums transportieren, die sie sich hier und heute geleistet haben.

Na ja, wenn es sie zufrieden stellt... Du bist jedenfalls nicht derjenige, der ihnen ihre durchscheinenden Illusionen nehmen will. Auch widerstrebt es dir, wildfremden Menschen, die gerade zufällig vorbeikommen, einen Vortrag über all das zu halten, was sich nicht mit Geld kaufen lässt. Darüber hinaus hast du Zweifel, ob sie dich überhaupt verstehen würden. Wahrscheinlicher ist dir, dass sie dich mit offenem Mund angaffen würden, als würdest du Chinesisch sprechen und hättest obendrein noch einen großen Pickel auf der Nase, denn warum sonst sollten sie so abrupt, aber wenig herzhaft, auflachen, noch bevor du dein letztes Wort gesprochen hättest?

Plötzlich erwachst du aus deiner – etwas konfusen, das gibst du zu – Tagträumerei. Irgendetwas muss deine Aufmerksamkeit erregt haben. Ist es das schöne Wetter? Das komische Haus da drüben, das du dir unbedingt einmal aus der Nähe ansehen willst (schade, dass du deinen Fotoapparat nicht dabei hast – du konntest ja nicht ahnen... shit!)? Oder ist dir irgendeiner dieser Gestalten positiv aufgefallen?

Nein, das ist es nicht. Fast hättest du den Kopf geschüttelt, bis dir wieder einfällt, dass du von lauter Menschen ungeben bist. Und was würden die wohl denken, wenn sie dich kopfschüttelnd sähen, scheinbar ohne Grund? Wahrscheinlich würden sie dich für verrückt erklären. Sie können ja nicht in deinen Kopf sehen, wissen nicht, was dich in genau dem Augenblick bewegt hat.

Ehrlich gesagt weißt du es selber nicht. Aber irgendetwas ist anders. Vielleicht ist es schlicht die Tatsache, dass du anfängst, dich an diesem Ort wohlzufühlen. Nun kennst du dich ja schon ein wenig hier aus, ist dir alles nicht mehr ganz so fremd. Vertraut wäre zu diesem Zeitpunkt zu viel gesagt, du kennst ja immer noch niemanden hier. Aber nachdem du deine ersten Schritte auf diesem für dich neuen Boden getan und gewissermaßen eine grobe Orientierung gewonnen hast, ist es dir, als würde dir alles freundlicher begegnen.

Du spürst, du hast nun die richtige Einstellung, dich dem Leben und den Menschen hier zu stellen. Mit Leichtigkeit im Herzen betrittst du ein Straßencafé und lässt dich draußen auf einem geflochtenen Stuhl nieder.


Erst jetzt bemerkst du, dass dir ein attraktiv lächelnder Mensch gegenübersitzt. Doch jetzt ist es zu spät, einen Rückzieher zu machen. Also lächelst du zurück und sagst charmant:

„Hallo. Sie haben doch nichts dagegen, dass ich Ihnen an diesem herrlichen Tag ein wenig Gesellschaft leiste?“


© Karin Scherbart

Karin 01.04.2007, 08.44 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL

Jawohl!


Das Glück ist im Grunde

nichts anderes als der mutige Wille,
zu leben, indem man
die Bedingungen des Lebens annimmt.

~Maurice Barrès~
französischer Schriftsteller, Publizist und Politiker
*22.09.1862 (Charmes-sur-Moselle/Lothringen)
†04.12.1923 (Neuilly-sur-Seine)

Karin 27.03.2007, 05.57 | (0/0) Kommentare | PL

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Notizen und Gedanken



Glück ist ein Duft,
den niemand verströmen kann,
ohne selbst eine Brise abzubekommen.
Ralph Waldo Emerson (1803-1883)







Ein Träumer ist jemand,
der seinen Weg im Mondlicht findet,
und die Morgendämmerung
vor dem Rest der Welt sieht.

Oscar Wilde (1854-1900)


Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag,
an dem Du die 100%ige Verantwortung
für Dein Tun übernimmst.

Dante Alighieri (1265-1321)


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