Den meisten Menschen fällt es schwer, sich in andere hineinzuversetzen.
Manche lernen es auch nie, und wieder andere versuchen es nicht einmal.
Für mich hingegen war das immer eine Sache, die ich immer schon gut
konnte. Ich musste es nicht einmal lernen - es war einfach (so kommt es
mir vor, ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass das einmal
anders gewesen wäre) in mir drin. Das ist eine seltene Fähigkeit, ich
weiß. Und ich will mich auch nicht damit brüsten. Aber irgendwie bin
ich froh darüber, wenn ich mit dieser Fähigkeit Gutes bewirken kann.
Für Menschen, die mir in irgendeiner Form etwas bedeuten (=Freunde).
Ihnen helfen, über schwere Phasen hinwegzukommen - und sei es auch
"nur", indem ich echtes und ehrliches Verständnis zeige und einfach
zuhöre.
Ich weiß ja, dass es heutzutage immer seltener ist, Menschen zu finden,
mit denen man wirklich vertraulich reden kann und die dann auch noch
tatsächlich die eigene Situation nachvollziehen, Rücksicht nehmen und
einem sogar noch entgegen kommen / helfen / instinktiv wissen, wo man
Unterstützung brauchen kann und wann man lieber auch mal in Ruhe
gelassen werden will. In letzter Zeit habe ich ganz besonders erlebt,
dass ich gerade zu dieser seltenen Spezies gehöre, die sich sehr gut in
Menschen hineinfühlen und dann entsprechend verantwortlich handeln
können.
Und ich freue mich sogar daran, wenn ich sehe, dass es jemandem
anschließend seelisch besser geht. Nach dem Gespräch, bei dem meine
Rolle hauptsächlich aus Zuhören bestand. Nur Zuhören, nicht einmal
trösten (oder wenn, dann sehr feinfühlig und ohne große Worte), da
Mitleid überhaupt nichts bringt bzw. unter Umständen alles noch
schlimmer machen kann.
Natürlich muss ich es auch erst einmal verarbeiten, wenn ich als
Zuhörerin gehäuft sehr viele schwere Dinge in mich aufnehmen muss. Aber
wenn es der jeweiligen Person danach schon zumindest etwas leichter
ums Herz wird, hat ein solches Gespräch in jedem Fall seinen Sinn
gehabt und erfüllt mich letztlich auch wieder mit einer Art
Zufriedenheit.
Und dann kommt im Gegenzug auch irgendwann der Zeitpunkt, wo ich an der
Reihe bin, meine Gedanken verbal herauszulassen, und dann bin ich
wiederum ebenfalls froh, wenn mir jemand zuhört und mich möglicherweise
sogar versteht. Denn dies weiß ich genausogut: Dass ein
In-sich-Hineinfressen langfristig kontraproduktiv ist und man daran
nach einer Zeit nur kaputt gehen würde, wenn man nicht irgendwann die
Gelegenheit findet, es irgendwie zu äußern. Klar braucht auch dies die
richtige Zeit. Aber dann ist es besser, es einfach zuzulassen, es
fließen zu lassen. Gut ist es, wenn man dann einen Menschen seines
Vertrauens hat, die einfach nur Mitgefühl zeigt.
Mitgefühl... das wichtigste, etwas, dass die Basis, der Leitfaden und das Ziel einer jeden guten Freundschaft sein sollte.
Alles andere ergibt sich daraus - auf welche Weise auch immer; das
erweist sich erst später, wenn die Zeit dafür reif ist. In der
Zwischenzeit: Gelassenheit, Offenheit und Verständnis zeigen.
Alles hat seine Zeit - und Zeit ist alles, was wir haben. Genug davon.