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Tag: Volkstrauertag

Nicht unbedingt NUR ein trauriger Beitrag ;)

Obwohl dieser Beitrag in keinem direkten Zusammenhang zum heutigen Volkstrauertag steht, finde ich es einigermaßen passend, an dieser Stelle noch einmal darauf hinzuweisen.

Heute möchte ich mich hier im Blog - weil es sicherlich auch zu diesem Monat passt - dem Thema Weinen widmen. Also nicht in erster Linie das Weinen, das durch physiologische Reize, wie etwa beim Zwiebelschneiden oder wenn man irgendeinen Fremdkörper oder chemischen Stoff (Haarshampoo o.ä.) ins Auge bekommen hat, sondern jenes Weinen, das seelische Ursachen hat.

Auch diese Form des Weinens kann eine reinigende Funktion haben - fast jeder kennt wahrscheinlich das Gefühl, das man nach dem Weinen eine Art Erleichterung verspürt, etwas, das einen vorher (meist über einen gewissen Zeitraum) belastet hat, ist nun mit den Tränen herausgespült worden.

Die Wissenschaft bestätigt uns diese Wirkung: In der Tat kann Weinen emotionalen Stress abbauen helfen. Natürlich hilft es in dem Zusammenhang nichts, das Weinen willkürlich herbeizurufen; mal angenommen, jemand kann das, könnte so etwas doch nie diese heilsame Wirkung haben.

Tatsächlich gibt es offenbar Menschen, die Weinen simulieren, also praktisch "auf Knopfdruck heulen" können, um sich das Mitleid oder die Aufmerksamkeit anderer zu erheischen oder wirklich "nur" um die Hilfe zu bekommen, die sie tatsächlich brauchen.
Demonstratives Weinen - mal ganz davon abgesehen, dass das nicht jeder kann, aber auch nicht jeder will oder tut, kann es leider auch passieren, dass ein echtes Weinen als demonstrativ abgestempelt wird, eben weil es auch Menschen gibt, die Weinen simulieren. Genau darin sehe ich die Gefahr, wenn man Weinen generell als Teil des Sozialverhaltens ansieht. So werden Menschen, die ehrlich traurig sind oder mit dem Weinen psychischen Druck abbauen, möglicherweise fälschlich in die Schublade "Simulant" geschoben und erfahren dadurch eventuell Ignoranz oder Zurückweisung, anstatt Verständnis zu finden und da unterstützt zu werden, wo sie es vielleicht bräuchten.

Eigentlich ist es kein Wunder in unserer Gesellschaft, dass viele Leute so denken. In einer Gesellschaft, wo Weinen als Zeichen von Schwäche angesehen wird, so dass man höchstens im stillen Kämmerlein hemmungslos weinen kann oder die Menschen sich des Weinens schämen, wenn jemand sie dabei sieht - da ist es nicht wirklich verwunderlich, dass man das Weinen, wenn es doch einmal geschieht, auf oberflächliche Gründe zurückführt.
Vor Allem Männer haben da noch zusätzlich mit den uralten Rollenvorstellungen zu kämpfen. Schon in ihrer Kindheit werden diese ihnen unbewusst mit der Erziehung eingebläut; durch Sätze wie: "Ein Indianer kennt keinen Schmerz." in den Karl-May-Büchern, und wenn sie sich das Knie aufgeschürft haben und dabei anfangen zu weinen, heißt es: "Stell Dich nicht so an." Mädchen haben es in dieser Hinsicht einfacher: Wenn ein Mädchen weint, nimmt man es in den Arm, tröstet es und sagt: "Heul Dich ruhig aus."
Doch sobald das Mädchen zur Frau wird, wird es auch für sie schwieriger, Anerkennung in der Gesellschaft zu finden, wenn bekannt ist, dass sie ab und zu weint. Sie ist dann "das Sensibelchen" oder schlicht "eine Heulsuse" - eine starke, emanzipierte Frau weint eben nicht, schon gar nicht öffentlich. Sie hat ihre Gefühle in der Öffentlichkeit im Zaum zu halten. Am besten sie zeigt sich zwar freundlich und zuvorkommend, hält aber emotional eine gewisse Distanz, so lautet die ungeschriebene Devise.
Distanz mag zwar in bestimmten Situationen angemessen sein, manchmal schon allein aus Selbstschutz. Aber gerade, wo Menschlichkeit besonders gefragt ist, kann zu viel Distanz leicht das Niveau emotionaler Kälte erreichen oder so empfunden werden.

Ich persönlich plädiere immer dafür, Gefühle zu zeigen. Das ist menschlich und man sollte sich dafür niemals schämen müssen. Mein Traum wäre es, in einer Gesellschaft zu leben, wo dies auch so anerkannt wäre.
Von Natur aus bin ich zwar ohnehin eher ein Mensch, der alleine für mich selber weint. So weit ich mich erinnern kann, war das auch schon in meiner Kindheit so - ich war nie das plärrende Kind, das seine Eltern damit in den Wahnsinn treibt, bis diese nachgeben. Weinen war für mich niemals ein egoistisches Instrument, um etwas zu bekommen. Davon abgesehen kann ich überhaupt nicht auf Knopfdruck weinen.
Demnach trifft diese soziale Komponente des Weinens auf mich überhaupt nicht zu. Außerdem widerspräche diese Form der Ausnutzung meinen moralischen Prinzipien.
Im Übrigen finde ich es auch allgemein ziemlich anmaßend, wenn diesem eine Aspekt in der Wissenschaft das Hauptaugenmerk zukommt. Die Gefahr ist groß, dass wir auf diese Weise bald in einer Gesellschaft leben, wo auf jeden weinenden Menschen, ohne zu fragen, warum er wirklich weinen könnte, folgendermaßen reagiert wird: "Ach, der will doch nur irgendwas." Deshalb wehre ich mich nicht nur vehement gegen solche Pauschalisierungen, sondern werde auch niemals solche Entwicklungen in der gesellschaftlichen Anschauung unterstützen!

Zum Schluss habe ich noch ein paar Fragen an Euch zusammengestellt, die Ihr - natürlich nur wenn Ihr mögt - für Euch selbst, im Kommentar oder in Euren Blogs beantworten könnt.
Auf jeden Fall bin ich gespannt auf Eure Antworten. Ich selbst werde sie ebenfalls unter diesem Beitrag beantworten.

1. Wann bzw. warum weinst Du?
2. Weinst Du lieber allein oder in Gesellschaft / vor mindestens einem (nahe stehenden?) Menschen?
3. Was bedeutet Weinen für Dich?
4. Ist es Dir peinlich, wenn Du vor anderen in Tränen ausbrichst?
5. Kannst Du Deine Heulanfälle kontrollieren?
6. Wünschst Du Dir manchmal, dies zu können?
7. Unterdrückst Du Deine Tränen in bestimmten Situationen? Oder würdest sie gerne unterdrücken?
8. Hilft es Dir, die Tränen hinunterzuschlucken? Oder leidest Du dann noch mehr unter dem Druck, der dann evtl. entsteht? Kommst Du damit zurecht?
9. Wie fühlst Du Dich allgemein vor und nach dem Weinen? Fühlst Du Dich besser, bevor oder nachdem Du geweint hast?
10. Bist Du zufrieden mit den Reaktionen auf Dein Weinen? Oder was würdest Du Dir wünschen, wenn Du es Dir aussuchen könntest, wie die Menschen darauf reagieren? Hast Du den Eindruck, verstanden zu werden, oder fühlst Du Dich oft in Deinem Weinen missverstanden?

Ich hoffe, ich überfordere Euch damit nicht. Aber Ihr seid ja nicht verpflichtet, auf ALLES einzugehen. Jeder, wie er möchte. ;)

Karin 18.11.2007, 23.50 | (5/0) Kommentare (RSS) | PL

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