Ausgewählter Beitrag
Beziehungsweise
Manche Beziehungen sind - gerade in der Anfangsphase - ein stetiger Kampf.
Es ist ein kontinuierliches Auf und Ab, und niemals weiß man, ob was vorne herauskommt, sich am Ende bestätigt.
Meistens kommt es dann doch anders, als man dachte.
So folgt eine Überraschung gleich welcher Art auf die nächste, und daraus bildet sich dann im Laufe der Zeit ein Mosaik, das sich schließlich immer mehr verknüpft - so lange, bis es einen Sinn ergibt.
Bis das Gefühlschaos endlich entwirrt ist und die Zuversicht wieder da ist - manchmal mehr, manchmal weniger. Aber letztlich lässt sie einem nie ganz im Stich.
Was würde das Theater auch nützen, wären da nicht die beiden Geschwister Hoffnung und Zuversicht?
Dann erhält dieses ewige Hin und Her, dieser schmale Grat zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Verstehen und Missverstehen, zwischen Vertrauen und Misstrauen, zwischen Zuneigung und Abneigung, zwischen Güte und vermeintlich Schlechtem, zwischen Nähe und Distanz, zwischen Liebe und Streit, einen Sinn.
Denn all dies ist ein Zeichen dafür, dass es den beiden betroffenen Menschen nicht egal ist, sondern dass es sie im Gegenteil innerlich tief berührt.
Daran sieht man, dass das Fundament, auf dem diese Verbindung aufgebaut ist, keine Attrappe ist, sondern das Qualitätssiegel »gefühlsecht« besitzt.
Eine wahre Beziehung MUSS eine Herausforderung sein, wenn sie dauerhaft Bestand haben soll.
Erst muss sie gemeinsam errichtet werden, dann muss stetig weiter an ihr gebaut werden, und auch die Wartungsarbeiten sollte man nicht vernachlässigen.
Die Liebe ist eine Baustelle. Und wenn die Baulöwen irgendwann aufhören zu bauen, wird das Gebäude mit den Jahren zur bröckelnden Ruine.
Man denke nur an das alte Ehepaar: Schon am Frühstückstisch schweigen sie sich an, zu erzählen haben sie sich nichts mehr, weil alles Routine ist, weil ihnen die Ideen ausgegangen sind, und weil sie daher emotional bereits abgestorben sind. Sie glauben, sie würden sich in- und auswendig kennen, aber das ist nur eine Ausrede dafür, dass sie des Entdeckens müde sind, dass sie das Wesen des Staunen-Könnens verloren haben. Dass sie vielleicht nicht mehr konfliktfähig sind und in der Lage, vernünftige Schlüsse daraus zu ziehen. Dass sie möglicherweise in ihrer Harmoniesucht vergessen haben, was es heißt, für den anderen leidenschaftlich zu kämpfen, um dann das Geschenk seiner Liebe dankbar anzunehmen.
Die Liebe ist ein Porzellanservice - man sollte behutsam damit umgehen, behände mit ihr durch den Hindernisparcours balancieren, um sich am Ende des beiderseitigen Triumphes zu erfreuen und die Belohnung für das, was man gibt, lächelnd überreicht zu bekommen.
Aber man muss sich die Lorbeeren erst verdienen.
Wenn man alle Herausforderungen, die sich einem scheinbar in den Weg stellen, annimmt, weil der Mensch, der einem von der anderen Seite entgegen kommt und dasselbe in umgekehrter Reihenfolge durchmachen muss, es doppelt wert ist, dann wird das Treffen in der Mitte umso mehr Verbundenheit hervorrufen.
In der Zwischenzeit lernen wir uns schrittweise in allen Facetten kennen und schätzen, um besser aufeinander eingehen zu können. Und dieser Prozess ist niemals abgeschlossen.
Das hat ja schon philosophische Qualität. Ja, Karin, da hast du sehr zutreffende, wahre Gedanken zu den "Beziehungen" geschrieben.
Ich möchte, kann und muss es unterschreiben. Nach soooo vielen Jahren des Kennens und weniger Jahren der Ehe habe ich es mir damals gewünscht aber nie zu träumen gewagt, dass das gemeinsame Reiben (nicht 2deutig) und Einverständnis neben allen eingefahrenen Gleisen immer noch bei dieser oder jener Gelegenheit zu Schmetterlingen im Bauch führt.
Wie heißt es in dem Film Schwabenkinder?
Vater: Und? Ist sie dir eine gute Frau?
Kaspar: Eine bessere hätt ich nicht finden können.
Danke Schicksal :o)
vom 21.01.2006, 14.34