Ob Ihr es glaubt oder nicht: Auch während ich hier ganz gemütlich schreibend vor dem PC sitze, arbeitet mein Gehirn auf Hochtouren, leisten meine Hirnregionen gar ein vortreffliches Teamwork. Man stelle sich das vor wie ein buntes Mosaik, das jedes einzigartig für sich steht und doch zusammengenommen wieder ein übersichtliches Ganzes ergibt. Was sich diese Mosaiksteinchen alles zu sagen haben, wollt Ihr wissen? Hm ... schwer zu sagen, denn irgendwie scheinen sie alle wirr durcheinander zu reden ... Ich versuche trotzdem mal hinzuhorchen und ein paar »Wortfetzen« aufzuschnappen:
Nervus opticus an Hirnstamm: »Ich sehe etwas Blaues auf diesem Rechteck ... Wasser, Strand, Möwen ... « (mein Desktopmotiv - Anm. der Autorin)
Hirnstamm: »Okay. Aber was soll ich damit? Ich brauche mehr Informationen, um mir ein Gesamtbild machen zu können, das ich dann für andere malen kann.«
Nervus facialis: veranlasst ein Stirnrunzeln.
Kleinhirn: gibt Befehle an Arme und Hände, nach einem Taschentuch zu greifen, nachdem Nervus olfactorius sich über pollenbedingte Störungen in seiner Funktion beklagt hat.
Nervus olfactorius: »Ich rieche ein Zitrusaroma ...«
Nervus trigeminus: »... und ich spüre etwas Flauschiges im Nasenbereich ...«
Hirnstamm gibt an Kleinhirn weiter: »Mission ausgefüllt.« um sich dann der nächsten eingehenden Nachricht zu widmen und diese empfangenen Eindrücke über die »Telefonzentrale« des Gehirns, dem Thallamus, an die jeweiligen Verantwortlichen weiterzuleiten.
Nervus vestibulocochlearis: »... es ist alles eine Frage des Lichts ...«
Hirnstamm: »Moment mal ... ich gebe das mal an das Großhirn weiter.«
Großhirn: beruft eine Konferenz zwischen auditorischem Kortex und verschiedenen Assoziationsfeldern ein, den der auditorische Kortex eröffnet: »Kennt Ihr das? Haben wir das schon mal gehört?« »Ja. Das ist von Rosenstolz.« »Was können wir daraus ziehen?« »Oh, da müssen wir mal das Kleinhirn konsultieren.«
Kleinhirn: »Mich? Aber dafür müsste ich doch den Zusammenhang kennen. Diese Infos müsstet Ihr haben.«
Großhirn: »Hm ... wir schauen mal nach und melden uns dann wieder.«
Kleinhirn: »Und ich durchforste in der Zwischenzeit mal das Vokabular-Archiv. Wozu? Damit ich was zu tun habe.«
Hypothallamus (Info an alle): »Das vegetative Nervensystem meldet gerade ein leichtes Hungergefühl.«
Vernunftteil des Großhirns: »Noch zu dieser Stunde?«
Hypothallamus: »Halt die Klappe! Es ist nun einmal so. Das bedarf keiner logischen Erklärung, nur einer Lösung.«
Zwischenhirn: »Der Schlaf-Wach-Rhythmus ist in letzter Zeit sowieso etwas durcheinander geraten.«
Vernunftteil des Großhirns: »Deshalb werden wir morgen trotz allem früh aufstehen, um morgen Abend schön müde zu sein, zu normaler Uhrzeit schlafen zu gehen und Freitag fit für den wichtigen Termin zu sein.«
Hypothallamus: »Wir werden sehen ... es kann immer anders kommen. Die Psyche ist einfach unberechenbar.«
Assoziationsfelder für Gedächtnis im Großhirn: »Aus der Erfahrung können wir das nur bestätigen.«
Nervus glossopharyngeus (leicht ungeduldig): »Könnt Ihr das nicht später weiter ausdiskutieren? Es gibt im Moment Dringlicheres. Ich warte ...«
Kleinhirn: »Nachhirn, sag dem linken Arm, er soll sich bereit machen, das Glas zu heben.«
Nachhirn: »Schon passiert ... und geschluckt.«
Nervus glossopharyngeus: »Ja, ja, Apfelschorle ist ja schön und gut; aber ich will auch noch was zu beißen.«
Kleinhirn: »Gleich. Moment, da kommt noch eine Meldung rein ...«
Nervus vagus: »Blase meldet, sie muss mal.«
Kleinhirn: »Okay. Das hat natürlich Priorität. Und danach gibt es was zu Futtern.«
Das war jetzt nur ein kleiner Auszug von dem, was in der Mybrain GmbH so alles abläuft. Auch übernehme ich keinerlei Garantie dafür, dass ich nicht in dem einen oder anderen Fall irgendetwas falsch verstanden habe. In dem Unternehmen Gehirn ist ja schließlich immer so viel los, da verliert man als interner Beobachter doch manchmal den Überblick. Ein Wunder, dass es da nicht hin und wieder zu einem Kompetenzgerangel kommt. Erstaunlich, dass in dieser Ameisenfirma im Normalfall alles so reibungslos funktioniert. Und das ist doch letztlich das, was zählt. Seien wir dankbar dafür, und überlassen den Rest den
Hirnforschern.
Wer will, kann sich ja auch so einen kleinen Hirnbestandteildialog ausdenken und dabei irgendwelche Situationen oder Elemente aus seinem Alltag einbeziehen.
Tirilli hat das ja schon toll vorgemacht. Ihr Text hat mich übrigens zu diesem hier inspiriert.