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Der Sinn des Lebens in einer oft unsinnigen Welt

Angeregt durch einen Text in der Bohnenzeitung habe ich mir selbst die Frage gestellt: Wofür lebe ich? Welchen Sinn gebe ich meinem Leben selbst?

Ich denke, gerade in Zeiten von Arbeitslosigkeit, wo außerdem alles teurer wird und man sein Geld sowieso schon sehr gut einteilen muss, wenn man nicht irgendwann ziemlich ohne da stehen will (weil es heute ja keinerlei finanzielle / wirtschaftliche Sicherheiten mehr gibt, ja nicht einmal eine medizinische Grundversorgung scheint gesichert, da man ja immer mehr zuzahlen muss; seit der Einführung der Praxisgebühr überlegt man sich ja schon dreimal, ob man wegen irgendeiner Kleinigkeit zum Arzt geht), ist es besonders wichtig für das seelische Wohlbefinden des Einzelnen, dass man neben all solchen Oberflächlichkeiten und Statussymbolen (wie etwa ein dickes Auto, die Segelyacht, und was sich die Reichen noch so alles für überflüssiges, Geld und Rohstoffe fressendes Zeug anschaffen) auch Dinge, also auch Beschäftigungen und Menschen hat, die einem einen tieferen Lebenssinn zu geben vermögen.

Paradoxerweise ist gerade in dieser turbulenten Zeit in der Gesellschaft genau das Gegenteil zu beobachten [siehe auch hier]: Die Menschen jagen sich in ihrem teilweise wahnhaft kranken Erfolgsdenken gegenseitig ins Boxhorn; jeder will der schnellste, beste, reichste und vermeintlich höchste sein. Dabei geht so mancher zugrunde, wird verletzt oder betrogen, während die andere Seite immer mächtiger, skrupelloser und zuletzt auch aggressiver wird. Weil sich ja niemand gegen sie wehrt oder sich traut, sie auf ihr Verhalten aufmerksam zu machen. Oder es schon als normal betrachten. Schließlich ist es ja schon in der Evolution festgelegt, dass der Stärkere gewinnt und der Schwache nicht überleben wird. Dass wir nicht mehr im Dschungel leben, scheint in dem zivilisierten Wahnsinn (nächstes Paradoxon) oftmals vergessen zu werden. Dass Zivilisation auch heißt, Verantwortung für sich selbst und das was man tut zu übernehmen, mitzudenken und sich eine eigene Moral zu bilden, die zumindest niemanden schadet, am besten sogar dem sozialen Miteinander dient, geht hierbei ebenfalls oft unter. Sogar vor Kriegen, die (wenn man es sich mal genauer anschaut) immer irgendwo entweder eine Habgier oder oder eine unsinnige Rechthaberei, in der sich jede Seite für besser hält als die andere, als Ursprung haben, scheut man nicht zurück. Auch das nennt man dann zivilisiert, obwohl doch klar sein dürfte, dass es das nicht ist.

Ich persönlich ziehe es vor, in einer Welt voller vorbeischießender Hasen ein Igel zu sein (Ihr kennt doch bestimmt die Geschichte), der zwar nicht so schnell zu sein scheint, aber auch gar nicht das Bedürfnis hat, sich oder anderen irgendetwas beweisen zu müssen, indem er sein Ziel im Rekordtempo zu erreichen versucht, nur um dann gleich wieder dem nächsten Ziel entgegenzusprinten, womöglich ohne zu bemerken, dass er sich dabei immer auf derselben Strecke hin und herbewegt. Wozu sich dauernd abhetzen, als gäbe es nichts anderes? Worin liegt in dieser Hetzerei der Sinn? In Wahrheit müssen diese Hasen doch kreuzunglücklich dabei sein oder zumindest, es nach der x-ten Ehrenrunde werden. Aber sie sind ja sooo busy, dass sie es vielleicht nicht einmal mehr bemerken. Die Rechnung kommt oft erst, wenn es zu spät ist, und der ungeheure Druck, der dadurch in ihnen und bei ihrem Umfeld entsteht, sich eventuell auf schmerzhafte Weise entlädt. Wo sollte auch sonst die ganze Hochspannung hin, wenn sie nicht irgendwann nach draußen vordringen würde?

Nun, ich für meinen Teil gehöre also zu den Gelassenen. Für manche sogar zu gelassen, aber das ist ein anderes Thema. Jedenfalls lasse ich mich nicht verrückt machen oder gar von mir selbst abbringen. Letztlich ist das etwas Positives und ist auch das, was zählt. Meinen Sinn gebe ich mir durch meine Hobbies, das Schreiben und was ich sonst noch kreativ schaffe. Aber auch, was ich anderen Menschen vermittle - nicht nur kommunikativ, inhaltlich oder kognitiv, sondern auch das Mitgefühl, das ich zeige, meine Fähigkeit zuzuhören und mich in andere hineinzuversetzen und meine Anteilnahme, mein Verständnis (das natürlich auch seine Grenzen kennt, nämlich da, wo die Menschlichkeit und in weiterem Sinne die Natur aufhört); auch die Freude, die ich teile. Neben dem, was ich anderen gebe, ist aber auch das, was ich für mich selbst tue, sinnvoll. Denn auch wenn ich für andere da bin und an sie denke und dies völlig unvoreingenommen und ohne Hintergedanken tue (dass es allen Seiten Vorteile bringt, ist ein schöner Nebeneffekt, aber nicht die Hauptsache und sollte auch nicht einseitig sein), bin ich noch lange nicht selbstlos. Und es ist ja auch nichts in negativem Sinne egoistisches daran, wenn man an sein eigenes Wohl denkt und das macht, was man für richtig hält und was einem auch guttut - manchmal auch ohne Rücksicht auf die Pflichten, die sich vor einem auftürmen. ;)

Man muss auch mal das Leben genießen können, offen für das bleiben, was kommt und nicht geplant war, es einfach mal entspannt plätschern lassen, sich zurücklehnen und eine Verschnaufpause gönnen, spontan etwas Lustiges oder Schönes unternehmen, neue Menschen und die Kultur eines Landes (des eigenen oder eines anderen) kennen lernen und Erfahrungen sammeln. Für mich hat auch dies alles einen Sinn. Nicht nur, um die Erlebnisse, meine Eindrücke und Gedanken dazu später aufzuschreiben, nicht, um möglich viel zu erzählen zu haben, sondern schlicht und ergreifend aus Lust am Leben. Und weil jede Erfahrung einen die Welt letztlich wieder ein Stückchen mehr begreifbar macht. Man wächst daraus, lernt immer mal wieder etwas dazu und erweitert seinen Horizont stetig - nicht bis in Ewigkeit, aber jedes Quentchen Weisheit, das man bekommt, ist doch auch etwas sehr wertvolles.

Also, ich persönlich fühle mich immer sehr, sehr reich, wenn ich denke. Und das tue ich praktisch immer. Manchmal drehen sich meine Gedanken auch um scheinbare Banalitäten, wie das bei jedem mal so ist. Aber ich denke.

Und ich bin mir dabei bewusst, dass es schon irgendwie an ein kleines Wunder grenzt. Millionen Jahre Evolution vom Einzeller bis zum Säugetier (und noch einmal ein gute Stück bis zum modernen Menschen) hat es dafür gebraucht, um diesen kleinen Teil im Gehirn zu entwickeln, der für die menschliche Vernunft zuständig ist. Auch wenn dieser Teil ist noch lange nicht perfekt ausgebildet ist und es wohl nie komplett sein wird (schließlich besteht der Mensch ja so ganz nebenbei auch noch aus Gefühlen, aber auch immer noch vorhandenen niederen Instinkten, was durchaus nichts schlechtes meint, beinhaltet es doch auch die Intuition, auf die wir heute oft viel zu selten hören); auch wenn die Vernunft also - ich sage: zum Glück! - nicht allumfassend ist, mache ich gerne von diesem Wunderwerk Gebrauch und ehre es damit, indem ich es trainiere und klug einsetze. Und es macht mir sogar Spaß!

Damit stelle ich mich im Übrigen keineswegs über andere; im Gegenteil, ich lasse jedem seine eigenen Gedanken und habe dabei die meinen.

Karin 27.07.2006, 23.34

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von angela

da warst du aber fleißig

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