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Deutscher Nachhaltigkeitspreis wird morgen verliehen

Eigentlich wollte ich einen Artikel auf Suite101 zum Deutschen Nachhaltigkeitspreis schreiben. Im Moment ist mir aber eher nach einem kritischen Kommentar dazu. Und da es die Rubrik "Feuilleton" dort nicht gibt, bleibt halt noch der Blog.

Doch zuerst:

Was ist der Nachhaltigkeitspreis und worum geht es dabei?

So beschreibt sich diese Inititative, die unter anderem auch politischen Vertretern mitgetragen wird, selbst:

"Die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. verfolgt das Ziel, nachhaltige Entwicklung in Deutschland und anderen Ländern zu fördern. Sie unterstützt unmittelbar in- und ausländische Organisationen und Projekte, die den Gedanken nachhaltiger Entwicklung (vor allem in den Feldern karitativer Arbeit und des Umweltschutzes) vorantreiben."
Quelle: Offizielle Homepage des Deutschen Nachhaltigkeitspreises

Das Auswahlverfahren

Um solche Projekte und nachweislich auf ökologische Aspekte achtende Unternehmen sowie deren nachhaltige Produkte zu unterstützen, wird einmal jährlich in Deutschland der Nachhaltigkeitspreis durch eine Jury verliehen. Ausschlaggebend für die Entscheidungen ist ein Fragebogen zu verschiedenen Kriterien, den die Kandidaten ausfüllen müssen. Grundlage sind also Selbstauskünfte der Bewerber um den Nachhaltigkeitspreis. Deren Angaben müssen zwar mit Fakten belegt sein, doch von einer unabhängigen Überprüfung habe ich auf der Internetseite des Deutschen Nachhaltigkeitspreises leider nichts gelesen. (!)

In der zweiten Stufe folgt dann eine Jurywertung, zum Schluss dann ein Symposium zur Diskussion und die Preisverleihung, bei der die endgültige Entscheidung der Sieger verkündet wird. Diese findet in diesem Jahr am morgigen 26.11.2010 ab 19.00 Uhr in Düsseldorf mit verschiedenen Experten statt. Die Schirmherrschaft übernimmt diesmal übrigens der Energiekommissar Günther H. Oettinger.

Die Kategorien sind:
  • Deutschlands nachhaltigste Unternehmen
  • Deutschlands nachhaltigste Produkte / Dienstleistungen und Initiativen
  • Deutschlands nachhaltigste Marken
  • Deutschlands nachhaltigste Zukunftsstrategien
  • Social Entrepreneur der Nachhaltigkeit 2010
  • Ehrenpreise an Persönlichkeiten, die sich für diese Sache einsetzen
Nun mein Senf, den ich loswerden möchte:

Positiv will ich zunächst einmal werten, dass Alnatura, die dm-Naturkosmetikmarke Alverde sowie die Fair-Trade-Marke Gepa unter den Nominierten sind. Diese Unternehmen halte ich für glaubwürdig, und ich finde, sie haben den Preis verdient.
Und auch die Firmen, die sich mit erneuerbaren Energien befassen, passen meiner Ansicht nach gut in das Konzept.

Bei einigen anderen, bekannten Kandidaten, die dort auftauchen, traute ich hingegen meinen Augen kaum.

1. Der wohl dickste Hammer von allen: UNILEVER ist mit dabei! Ausgerechnet diese Firma! Oder sollten die sich so plötzlich um 180° gedreht haben? Ich bin da skeptisch. Und außerdem würde es mich interessieren, um was für "Initiativen" es sich handelt, mit denen sie laut der Jurybegründung international zusammenarbeiten. Vieles bleibt dort im Vagen, und: Ein paar Spenden an regionale Umwelt- und Sozialprojekte machen noch lange nicht die Zerstörung lokaler Handelsstrukturen in den Zulieferländern in Afrika und Asien geschweige denn die Ausbeutung der die Rohstoffe produzierenden Bauern durch die Händler wett. Meinten sie das mit "Initiativen"? Ich verstehe darunter etwas anderes. (Quelle: Klaus Werner / Hans Weiss: Das neue Schwarzbuch Markenfirmen, Ullstein Verlag 2006 - dass es 2010 neu aufgelegt wurde, sagt doch schon viel, oder? - unbedingt zu empfehlen!).

2. DAIMLER: Okay, die sind für ihre Produkte nominiert worden, und zwar speziell für die Fahrzeuge mit Hybridantrieb. Nun ist aber Daimler nicht der einzige Automobilhersteller, welcher Hybridautos baut und verkauft. Meiner Ansicht nach ist das Produkt nicht alles - auch das Drumherum, der Betrieb, sollte bei so einer Entscheidung mit berücksichtigt werden. Laut dem Schwarzbuch Markenfirmen handelte die Firma zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Werks mit Atomwaffen und Personenminen und kooperierte in diesem Rahmen mit Militärregimen, um sich wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Ist das alles schon vergessen?

3. PUMA steht zwar nicht im Schwarzbuch Markenfirmen (warum auch immer - immerhin waren sie doch "negatives Vorbild" für Adidas, Nike & Co.), aber auch hier habe ich meine Zweifel an der tatsächlichen, umfassenden Nachhaltigkeit des Unternehmens. Ist es etwa nachhaltig, seine Mitarbeiter und solchen Arbeitsbedingungen schuften zu lassen? Ich denke, Nachhaltigkeit fängt im eigenen (Betriebs-) Umfeld an. Kunst und Kultur unterstützen schön und gut - aber wie steht es mit der eigenen Unternehmenskultur? Dass dort billig gearbeitet wird, gibt die Jury sogar zu - und nominiert die Firma trotzdem! Kann mir das mal jemand erklären?

Doch auch bei einigen Sponsoren frage ich mich, wie eine Stiftung wie die vom Deutschen Nachhaltigkeitspreis von denen Geld annehmen kann. Als ob Firmen wie Coca Cola und McDonald's ihre Weste durch ihre partnerschaftliche Unterstützung dieses Preises rein waschen könnten. Wäre das nicht durch Taten und entsprechende Veränderungen viel eher zu erreichen? Aber das ist ja aufwändiger, schon klar...

Ach, Ihr wisst noch immer nicht, was es gegen Coca Cola einzuwenden gibt? Immer noch wird der dafür verwendete Zuckerrohr mit Kinderarbeit geerntet. Damit haben sich die zuvor abgegeben Versprechungen der Besserung bis jetzt leider als leere Worthülsen erwiesen. Es ist also noch nichts passiert.

Bei McDonald's tauchten im Verlauf des letzten Jahrzehnts ebenfalls in England und chinesischen Zulieferbetrieben zahlreiche Fälle von Kinderarbeit auf. Ich berufe mich damit wiederum auf das Schwarzbuch.

Wir leben in einem Land, in der die Kinderrechte in der Regel gewertschätzt werden. Jedes Kind hat das Recht auf eine Kindheit, und natürlich auch auf Bildung. Und Kinderarbeit ist bei uns richtigerweise verboten. Ich finde, in einer immer globaler werdenden Gesellschaft sollten wir alle, als Verbraucher, aber auch als verantwortungsbewusste Firma, durch unser Wirtschaftsverhalten dazu beitragen, dass solche Missstände beendet werden.

Wenn diese Nominierung wenigstens dazu führt, dass die Unternehmen - und manche besonders! - tatsächlich noch mehr darüber nachdenken, was sie besser machen können, dann hat sie zumindest einen Zweck erfüllt. Was den anderen Aspekt anbelangt, nämlich generell die Auswahl, bin ich abgesehen von unter anderem den oben unter "Positives" genannten Beispielen sehr enttäuscht. Ich hatte nicht erwartet, dass beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis gerade die in schwerwiegenden Punkten unvorbildlicheren Firmen in den Himmel gelobt würden. Das hinterlässt bei mir jedenfalls keinen guten Nachgeschmack davon.

Und wie steht Ihr dazu? Ist Euch das alles etwa egal?

Karin 25.11.2010, 20.55

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