Ausgewählter Beitrag
Mein Lieblings-Psalm
Mein Vater musste früher im Konfirmantenunterricht den Psalm 23 auswendig lernen. Das ist lange her (mein Vater ist 63), und auswendig herunterrasseln kann er ihn natürlich auch nicht mehr. Aber der Inhalt und das Gefühl, die diese kraftvollen Sätze vermitteln, wird beim Lesen immer wieder lebendig. Finde ich zumindest. Und das, obwohl ich keine gute Laut-Vorleserin bin. Ich denke, da kann durchaus jeder etwas für sich daraus mitnehmen, egal wie woran warum er glaubt.
»Der Herr ist mein Hirt, mir wird es an nichts mangeln.«
Für mich persönlich symbolisiert der »Hirt« mein Schicksal, eine Art roter Faden, den ich gewissermaßen auch nach meinen Kräften in die eine oder andere Richtung lenken und verknüpfen kann; nur den Faden selbst kann ich nicht wählen oder erfinden - er ist schon da. An diesem Punkt muss die Zuversicht ansetzen, dass mein Weg schon der für mich richtige sein muss, und das Vertrauen in die Hilfsmittel, die mir bei dessen Beschreiten zur Verfügung stehen.
»Auf grünen Auen lässt er mich lagern; an Wasser mit Ruheplätzen führt er mich. Labsal spendet er mir.«
Labsal, das ist für mich nicht nur Essen und Trinken und was ich sonst noch an menschlichen Bedürfnissen habe. Das sind auch all meine Gedanken und Gefühle, Inspiration (womit ich nicht nur die Inspiration meine, die kreative Taten anregen kann, sondern auch sämtliche Anregungen, die mich im Leben weiterbringen).
"Er leitet mich auf rechter Bahn um seinen Namen willen."
Vorbilder und Idole, wer auch immer sie sein mögen, können eine Art Orientierung geben, wenn wir mal nicht weiter wissen. Uns die Bahn frei machen, die wir wählen, müssen wir letztendlich selbst - jeder für sich.
»Auch wenn ich wandern muss in finstrer Schlucht, ich fürchte doch kein Unheil; denn du bist bei mir.«
Gut ist es, wenn man Freunde hat, die zu einem halten und einen wieder aufbauen, Mut machen.
»Dein Hirtenstab und Stock, sie sind mein Trost.«
Freundschaftlicher Rat oder einfach eine Schulter zum Anlehnen und Ausweinen tun gut und sind oft auch hilfreich.
»Du deckst für mich einen Tisch angesichts meiner Gegner.«
Bei unseren Freunden finden wir Zuflucht und Unterstützung, aber auch bestärkende Solidarität gegen unsere Feinde (nicht nur die menschlichen, lebendigen).
»Du salbst mein Haupt mit Öl, mein Becher ist übervoll.«
Ich habe meinen Segen, ob ich ihn mir selbst gegeben habe oder er auch noch von anderen bestätigt wurde. Und für den vollen Becher (auch der meiner Gedanken) bin ich einfach nur dankbar und zeige meine Dankbarkeit, indem ich ganz langsam und mit Bedacht aus ihm trinke. Wenn er hingegen überläuft, versuche ich nichts zu verschwenden und fange so viele Tropfen wie möglich auf - jeder könnte sich als Kostbarkeit erweisen.
»Nur Glück und Gunst begleiten mich alle Tage meines Lebens, und ich darf weilen im Hause des Herrn, so lange die Tage währen.«
Das »Haus des Herrn« übersetze ich hierbei für mich selbst in »Leben« oder »Welt«.
Dieser letzte Spruch gefällt mir besonders gut. Gerade in Zeiten, wo etwas mal nicht so gut läuft, kann man ihn sich selbst als eine Art Mantra laut vorsagen, bis man ihn emotional verinnerlicht hat. Vielleicht hilft das ja.
Hi Karin,
der erste Vers dieses Psalms war mein Konfirmationsspruch, und deine Interpretation gefällt mir wirklich gut. Damit kann man "was anfangen", nicht so, wie das damals im Konfi-Unterricht, mehr aus "Auswendiglernaufgabe" vermittelt wurde. Freue mich, dass am unsere Bahnen in den Westfalenpark gelenkt werden
LG, Birgit W.
vom 30.08.2006, 08.04
Du bist auch dabei? Na dann freue ich mich natürlich auch. Bis dann in Dortmund! :)