Ich wollte Euch noch ein interessantes Buch vorstellen, welches ich gelesen habe. Als Mensch, der vor einigen Jahren selbst bis zum Ende auf diesem Pilgerweg gewandelt ist, hat mich diese Lektüre natürlich besonders gereizt, denn ich erfahre gerne, wie andere Pilger diesen Weg erlebten. Für jeden gestaltet sich der Camino nun einmal anders, und doch gibt es immer wieder bestimmte Gemeinsamkeiten. So unterschiedlich wie die Menschen, die ihn gehen, zeigt sich auch der Weg. Das ist für mich auch eines der Dinge, die seine Faszination ausmachen.
Inhaltlicher AnrissIn
»Ein Heide auf dem Jakobsweg« beschreibt der Journalist und Autor Peter Schumann seinen eigenen Jakobsweg, welchen er direkt vor seiner Haustür in seinem südspanischen Wohnort aus startete. Auf der ersten Wegstrecke, bis er in Logro
ño auf den Camino francès gelangt, ist er zeitweilig fast der einzige Pilger. Da bleibt viel Zeit für eigene Gedanken, und die Begegnungen mit freundlichen und hilfsbereiten Einheimischen werden umso mehr genossen. Am Ende eines Pilgertages führt ihn sein Weg auf dieser Etappe oft zuerst zum örtlichen Bürgermeister oder zum Priester, damit einer von diesen beiden ihn zur Pilgerherberge des jeweiligen Ortes geleitet. Wenn er nicht in einem Ort übernachtet, das er sich als Etappenziel auserwählt hat, übernachtet er auf diesem Teil des Jakobsweges auch oft in seinem Zelt, das er zu diesem Zweck mit im Gepäck hat und dann aufbaut.
Als er in Logro
ño auf den Camino francès stößt, muss er sich zunächst daran gewöhnen, dass sich der Jakobsweg von nun an nicht mehr so einsam hinziehen wird, sondern Begegnungen mit anderen Pilgern sowie gefülltere Pilgerherbergen von nun an zum Alltag gehören werden. Er lernt verschiedene Menschen kennen, unterhält sich mit ihnen und erlebt ein Stück des Weges gemeinsam mit ihnen. Manche begleiten ihn eine längere Zeit, manche begegnen ihm zwischenzeitlich immer wieder, wie es auf diesem Weg so ist... Es ist ein ständiger Rhythmus aus Begegnung, Abschied nehmen und sich eventuell zu einem späteren Zeitpunkt wiedersehen. Und jede Begegnung ist auf ihre jeweils einzigartige Weise bereichernd. Und auch in Santiago de Compostela, wo die Pilgermesse ein besonderes Highlight im Zuge der Ankunft darstellt, begegnet er vielen bekannten Gesichtern wieder.
Die Erzählung verläuft übrigens auf zwei Ebenen: Kapitel, in denen die jeweils folgende Etappe des Camino erzählt wird, wechseln mit solchen Kapiteln ab, in denen der Autor prägende Ereignisse aus seiner Biografie in der ehemaligen DDR bis hin zu der Zeit nach der Wende beschreibt. Dabei lässt er seine eigenen Ansichten zu verschiedenen Aspekten, zum Beispiel in Hinblick auf die Politik, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte, aber auch, was seine Einstellung zur Religion geprägt haben könnte, einfließen und setzt sich teils auch kritisch mit den dazugehörigen Themen auseinander. So wird praktisch der eigentliche Camino mit dem individuellen Lebensweg des Autors (der Camino wird ja allgemein häufig mit dem Lebensweg verglichen) verknüpft.
Zusammenfassende EinschätzungAuf anschauliche, flüssige Weise beschreibt der Autor seinen persönlichen Jakobsweg so, dass man als Leser sowohl Ereignisse als auch Gedanken gut nachvollziehen kann (unabhängig davon, ob man einzelne Ansichten teilt oder einen Punkt anders sehen könnte). Die Erzählung baut logisch aufeinander auf und ist in sinnvolle Abschnitte aufgeteilt, also im Ganzen ausgewogen. Gespickt mit zahlreichen Anekdoten, gestaltet sich die Lektüre sehr lebendig, so dass man sich das Geschilderte bildhaft vorstellen kann. Zugleich wird man insbesondere auch in den biografischen Kapiteln mit den dortigen Reflexionen aber auch zum Nachdenken angeregt und erhält Diskussionsstoff.
Für mich hat sich dieses Buch sehr gelohnt. An dieser Stelle bedanke ich mich recht herzlich bei Peter Schumann dafür. Wenn Ihr Euch auch für den Jakobsweg interessiert, dann schaut Euch doch mal auf seiner
Homepage zum Thema um. Dort gibt es auch Leseproben zu dieser Erzählung.