Ausgewählter Beitrag
Sterbehilfe
Im Sommer dieses Jahres soll ja voraussichtlich in Deutschland das neue
Gesetz zur Regelung von Patientenverfügungen herauskommen. Warum es so
lange gedauert hat, wo es doch aufgrund so vieler bestehender
Patientenverfügungen dringend notwendig war, es einheitlich zu regeln,
lasse ich mal im Raum stehen.
Ich möchte es einfach mal zum Anlass nehmen, kurz meine Meinung über Sterbehilfe im Allgemeinen kundzutun.
Also, ich kann es verstehen, wenn ein Patient bei einer schlimmen
Krankheit, bei der er unter Schmerzen und sonstigen schier
unerträglichen Beschwerden leidet und wo deshalb die Lebensqualität
sehr erheblich beeinträchtigt ist, den Wunsch hat, das Leiden auf diese
Weise zu beenden.
Und wenn er diesen auf irgendeine Weise nicht mehr selbst äußern kann
(etwa weil er - schon sehr lange Zeit - im Koma liegt, wo er mit seinem
Leben ohnehin nicht mehr viel anfangen kann), dann übernimmt halt eine
ihm sehr nahe stehende Person, die er vertraulich dafür eingesetzt hat,
diese Aufgabe. Diese Person (beispielsweise ein naher Verwandter) kann
denke ich ziemlich gut einschätzen, was in einem solchen Fall der Wille
des Betroffenen wäre, da sie ihn sehr gut kennt und sie am besten sogar
sehr ausführlich vorher darüber geredet haben (sie müssen ja beide die
Verfügung unterschreiben, also ist davon auszugehen).
Die Gefahr besteht für mich (bei der Sterbehilfe) hauptsächlich darin, dass die Lage und Angst des Patienten von irgendwem ausgenutzt werden könnte (damit meine ich jetzt nicht irgendwelche hinterlistigen Bevollmächtigten, die ihn loswerden wollen - auch wenn man in der Welt der Menschen nichts 100%ig ausschließen kann).
Ein Beispiel: Im Radio hörte ich heute einen Beitrag über einen Arzt, der seinen schwer kranken Patienten, die aufgrund der Folgen ihrer Krankheit den Wunsch äußerten zu sterben, ein ganz teures Medikament gab, das sie selbst einnehmen sollten und sie ohne Nebenwirkungen zum Tod führen sollte. Von wegen "ohne Nebenwirkungen" - diese bekamen die Patienten, die überlebten, sehr deutlich zu spüren.
Es gibt also immer schwarze Schafe.
Das heißt aber meiner Ansicht nach noch lange nicht, dass man jeden Arzt, der Sterbehilfe in welcher Form auch immer (auf Basis des Willens des Patienten!) praktiziert, kriminalisieren darf. Doch genau das kann passieren, wenn man es nicht gesetzlich ganz genau festlegt.
Natürlich darf gerade in solchen entscheidenden Dingen nicht
vorschnell, sondern nur wohlüberlegt gehandelt werden. Also erst dann,
wenn man sicher davon ausgehen kann, dass es (vor Allem auch aus der
Sicht des Patienten, und hier sind seine engsten Angehörigen gefragt)
auch wirklich im Sinne des Patienten ist. Mit Leben sollte man niemals
leichtfertig umgehen, und man sollte dem Patienten (bzw. auch seinem
Bevollmächtigten) auch die anderen Möglichkeiten aufzeigen, sofern
vorhanden.
Wie auch immer: In jedem Fall muss der Wille des Patienten Maßstab sein!
Wie denkt Ihr darüber?
Liebe Karin, ich war Angehörige. Ein extrem schlimmer Fall, meine Mutter. Details erspare ich prinzipiell jedem, so schlimm war es. Nur so viel, einmal schrie ich mit einem der behandelnden Ärzte. Im wahrsten Sinn des Wortes, ich keifte lautstark mit ihm in einem der Krankenhausgänge. Denn einer Sterbenskranken kann man mit Morphium sinnlose Schmerzen ersparen, oder Opium, dass ich ihr, nachdem wir sie zum Sterben nach Hause genommen hatten täglich aus der Apotheke holen durfte. Der Arzt folgte meinem Ansinnen, er gab ihr mehr von dem Schmerzmittel, dadurch war sie allerdings kaum noch da.
Ich bin trotzdem dezidiert gegen Sterbehilfe! Erstens, weil das alles in meinem Denken einen höheren Sinn hat und zweitens, weil es dem Angehörigen nicht zuzumuten ist! Niemals NIEMALS hätte ich ein Ende bestimmen können. Unerträglich!
Bei meinem Vater deutete ich kurz vor seinem Sterben dem Arzt an, er müsse nicht denken, dass er alles Lebenserhaltende mit Gewalt durchführen müsse. Ich sagte etwa: "Mein Vater will sterben, das sollen Sie wissen" Er verstand die Andeutung, Ärzte haben einen Spielraum, aber darüber wird nicht gesprochen.
Die schreckliche endzeit mit meiner Mutter hat mich geprägt. Sie selbst wurde immer leuchtender. Das klingt jetzt komisch. Ich sah das und dachte, nur ich würde das sehenund es mir aus Liebe einbilden. Aber eine Fremde und vielleicht ein Pfleger im Krankenhaus sahen das auch. Die (fast) Fremde sprach das aus. Daher wage ich, das zu erwähnen, auch wenn es sehr seltsam klingt. Meine Mutter hatte, bis auf die letzten 3 Wochen, ein Leuchten in ihrem vollkommen entspannten Gesicht. (Falls sie nicht gerade Schmerzen hatte)
Mein Dortsein, meine Anteilnahme, mein Stützen hat mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin.... hätte ich es beenden lassen, wäre ich jetzt ein seelischer Krüppel!
Liebe Grüße
Tirilli
vom 25.01.2007, 01.44