Alles begann wunderbar, als ich mich letzte Woche auf meine Heimreise aus Berlin machte. Dank der freundlichen und zuvorkommenden Hilfe eines Servicemitarbeiters der Deutschen Bahn fand ich am Potsdamer Platz nachmittags rechtzeitig das Gleis, wo mich die S-Bahn kurz darauf zum Hauptbahnhof bringen sollte. Pünktlich, wohlgemerkt, so dass ich meinen ursprünglich angedachten Zug erreicht hätte.
Dumm nur, dass, als ich mich dort am richtigen Gleis eingefunden hatte, nach einigem Durcheinander die Durchsage kam, dass ausgerechnet die Gleise 11 bis 14 wegen polizeilicher Ermittlungen gesperrt seien. Währenddessen wurde an der Anzeige des Gleises noch immer irgendein RE angezeigt, welcher natürlich haltlos durchfuhr. Anstatt die Fahrgäste darüber zu informieren, wie es für sie weitergehen sollte, um zu ihrem Ziel zu gelangen, wurden erst mal einige nun irrelevante Ansagen zigfach wiederholt.
Ratlosigkeit machte sich breit; nach einiger Zeit auch eine gewisse Unruhe, die jedoch zum Glück nicht in Panik ausartete. Schließlich sind wir seit dem 11. September 2001, als die kollektive Angstneurose der Öffentlichkeit vor terroristischen Taten begann, irgendwie an die Möglichkeit solcher Situationen gewöhnt. Die Tatsache, dass in vielen Fällen nach einer kurzen Zeit der Unsicherheit Entwarnung gegeben werden kann, hat viele resignieren lassen. Waren am Anfang in diesem Fall noch ein paar etwas aufgeregte Telefonanrufe und ein fast fluchtartiges Verlassen der betroffenen Bahngleise zu vernehmen, waren die Verspätungen der Alternativverbindungen und die weiteren Umstände letztendlich für die Passagiere nur noch nervig. Nach dem Motto: Alltag bei der Deutschen Bahn, kein Grund zur Aufregung.
Ich persönlich habe durchaus Verständnis dafür, dass auf die Sicherheit geachtet wird - schließlich hätte es ja auch ernst sein können. Das wird heutzutage nach den bekannten Beispielen wie
Oslo niemand bestreiten. Ebenso verstehe ich, dass vor Ort nicht sofort von "verlassenen Koffern" oder ähnlichen Gründen gesprochen wird, um eine etwaige Massenpanik zu vermeiden (auch wenn einem diese Gründe in der Situation ohnehin in den Kopf schießen).
Wofür ich allerdings kein Verständnis habe, ist, wie man als Fahrgast im Regen stehen gelassen wird, wenn es darum geht zu erfahren, wie es weitergeht und man an sein Reiseziel gelangt. Nur durch zusätzlichen Zeit- und Nervenaufwand, etwa durch Schlangestehen vor dem Reisezentrum, erhält man diese Informationen. Dies wäre aus meiner Sicht vermeidbar, indem in den Durchsagen in einer der Geräuschkulisse angemessenen Lautstärke die Alternativverbindungen für die ausgefallenen Züge genannt würden.
Nach den wenig hilfreichen Fahrgastinformationen am Gleis war es kein Wunder, dass vor dem Reisezentrum die ratlosen Kunden, die in Berlin Hauptbahnhof festsaßen, Schlange standen. Ich reihte mich brav ein und erhielt schließlich die Info, dass ich mit einem Zug nach Spandau fahren müsse, um von dort den nächstmöglichen Zug Richtung Köln zu erreichen. Auf dem Weg zum Gleis sah ich von der Treppe aus die Menschenmenge draußen, die aufgrund der Sperrung jenes Eingangs nicht in das Bahnhofsgebäude kamen. Außerdem sah ich zwei Polizisten auf dem Weg in die Gegenrichtung vorbeischlendern, die wahrscheinlich (wie ich vermutete) nach
verlassenen Koffern suchten. Im Bahnhof selbst war - abgesehen von der Schlange vor dem Reisezentrum und den leeren Bahngleisen 11 bis 14 - wieder Alltag eingekehrt. Ein bestimmtes Maß an Hektik gehört an diesem modernen Sandwichbahnhof ja immer dazu.
In Spandau hieß es noch einmal auf einen verspäteten Zug warten, und nur durch einen glücklichen Umstand erstand ich noch einen Sitzplatz, nachdem ich mich mitsamt Gepäck durch den überfüllten, engen Zug gekämpft hatte und mit meiner Tasche unzählige Male an den Kanten der Sitze hängen geblieben war.
An meinem Heimatbahnhof kam ich so spät an, dass ich ein Taxi nach Hause in Anspruch nehmen musste. Diesen finanziellen Mehraufwand habe ich mir natürlich erstatten lassen.
Abgesehen von diesem Erlebnis hat sich meine Berlinreise allerdings gelohnt. Trotzdem war ich auch froh, als ich wieder zu Hause war. Zwei Tage Berlin an einem Stück mit vollem Programm (wobei ich von der Stadt aufgrund dessen nicht viel gesehen habe - nicht einmal zum Knipsen kam ich großartig, bei dem hier verwendeten Foto handelt es sich um ein Archivbild von vor einigen Jahren) reichen für mindestens ein Jahr locker aus.
Das ganze Elend ging los, als die Bahn "privatisiert" wurde.
Ich fahre ja kaum mit dem Zug und wenn, dann nur im Nahbereich (ca. 50 km).
Früher bin ich öfter gefahren und ich kann mich erinnern, dass Züge auf die Minute pünktlich waren.
Meiner Meinung nach hat es damals nicht soviele Störungen gegeben wie heute.
Natürlich wird nach den Vorkommnissen bei herrenlosen Koffern gleich das Schlimmste angenommen. Aber ich habe gelesen, dass einer leer und in dem anderen Müll gewesen war.
Also was ich sagen wollte: es gibt zuviele unausgebildete Leute im Service-Bereich und auch mit der Technik hapert es oft.
Mit den Lautsprecherdurchsagen: die verstehe ich auch selten.
vom 24.09.2012, 19.31
Ich bin auch gegen Panikmache.
Und ja: Bei der Organisation bei der Deutschen Bahn ist noch einiges verbesserbar.
Nach meiner Erinnerung gab es aber früher auch schon Verspätungen, zumindest auf meinen regulären Bahnstrecken. Doch seit sie solche Angst vor verlassenen Koffern oder dergleichen haben, die sich letztendlich meist als harmlos erweisen, haben die Verspätungen nach meinem Eindruck noch einmal zugenommen.