Ausgewählter Beitrag

Warren Fahy: Biosphere

Bevor es hier allzu still wird und ich vor lauter Nanowrimo und anderem noch den Blog sträflich vernachlässige, gibt es heute mal wieder eine Rezension. Und zwar von:

Biosphere

Inhalt

Eine Insel, deren Fauna sich völlig unabhängig entwickelt hat – das ist Hender's Island, benannt nach einem (natürlich ebenso wie die ganze Geschichte) fiktiven Kapitän, der sie mit seiner Crew Ende des 18. Jahrhunderts erstmalig entdeckte. Und nun stößt das Team aus jungen Wissenschaftlern und den Mitarbeitern der Fernsehsendung „Sea Life“, unwissend, was sie erwartet, erneut auf diese Pazifikinsel. Schon beim ersten Landgang zeigt sich, von welchen seltsamen Wesen dieses Eiland bevölkert ist. Die dortigen Tiere sehen eigentlich wie eine Mischung aus verschiedenen Tierarten aus. Zum Beispiel die Spiger, welche wie eine Kreuzung zwischen Spinne und Tiger erscheinen, aber auch sehr groß sind. Oder die sich superschnell vermehrenden, geschlechtslosen Tellerameisen. Nicht zu vergessen die hyperaggressiven Hendersratten, welche sich sogar gegenseitig angreifen, die Henderswespen und die Felsensegler, denen der Leser später noch begegnen wird. Aber auch solche seltsamen Wesen, bei denen nicht gleich klar ist, ob es sich um Pflanzen oder Tiere handelt. Als die Landgänger der Trident (so heißt das Schiff) bei jenem ersten Landgang vom Strand aus durch eine Felsspalte ins Innere der Insel zu gelangen versuchen, kommen die meisten darin um. Lediglich Nell und Zero, der Kameramann, gelangen lebend zurück zum Schiff.

Die Szenen vom Landgang (wobei das Ende davon natürlich nicht klar erkennbar ist) werden auch in der Sendung ausgestrahlt. Da man so etwas Spektakuläres nicht erwartet hatte, steigen die Einschaltquoten nach diesen Ereignissen rapide an. Doch auch die Diskussionen werden dadurch angeheizt: Zunächst bestehen viele Zweifel, ob die Geschehnisse wirklich echt sind oder irgendwelche Tricks angewandt wurden. Es erscheint zu unglaublich. Auf die Dauer werden aber auch Ängste geschürt: Sind diese Lebewesen gefährlich? Was würde passieren, wenn eines dieser Tiere diese Insel verlassen – und damit möglicherweise unsere Welt durcheinander bringen würde? Kurz darauf baut das amerikanische Militär ein Labor dort auf. Ziel soll es sein, das dortige Leben zu erforschen. Nell, die zur Leiterin dieses wissenschaftlichen Unternehmens erkoren wird, Andy (einer ihrer Kollegen) sowie Zero zur filmischen Dokumentation des Ganzen kommen ebenfalls dorthin, während das Schiff Anweisung bekommt, sich nicht von der Stelle zu rühren und dass aus Sicherheitsgründen auf keinen Fall noch einmal jemand davon an Land gehen darf. Noch wissen sie nicht, dass sich die Arbeit als schwieriger erweisen wird als gedacht, und dass die Insel zu einem späteren Zeitpunkt gar mitsamt seines einzigartigen Lebens zerstört werden soll... (Ob das letztendlich auch so umgesetzt wird, und was in der Zwischenzeit alles geschieht, lasse ich offen.)

Persönliche Eindrücke

Nach einem interessanten Prolog mit verschiedenen Beispielen eingewanderter Tierarten und wie diese bestehende Biotope beeinflussen, beginnt der Roman mit einem Kapitel aus der Vergangenheit, als die Seeleute um Kapitän Henders die Insel entdecken und einer der Männer an der Küste von einem Ungeheuer verschlungen wird. Danach wechselt die Szene in die Gegenwart auf die Trident. Bevor sie Hender's Island erreichen, herrscht eine gelangweilte Stimmung auf dem Schiff. Die wissenschaftlichen Studenten, mit denen auch die Show gedreht wird, scheinen einerseits leicht enttäuscht, weil es kaum etwas zu erforschen gibt, andererseits wirken sie auf den Leser zu dem Zeitpunkt – wie die gesamte Atmosphäre auf dem Schiff – auch etwas pubertär und oberflächlich. Von über zwanzigjährigen Menschen stellt man sich jedenfalls eine höhere geistige Reife vor, als es in dem Stadium der Geschichte rüberkommt. Zudem dauert es ein wenig, bis die Erzählung in Fahrt kommt. Massenweise irrelevante Beschreibungen wie die Farbe der Kleidungsstücke, die eine bestimmte Person gerade trägt, erschienen mir jedenfalls nicht gerade einfallsreich und verursachten bei mir irgendwann nur noch ein Gähnen. (Zum Glück legte sich das weitgehend, sobald die Geschichte an Fahrt gewann.)

Erst beim ersten Landgang wird es richtig spannend, und erst recht später, als die Insel näher erforscht wird. Dann erleben auch die bis dahin schon bekannten Figuren teils eine Wandlung. Nell zum Beispiel entpuppt sich als verantwortungsvolle, durchaus ernst zu nehmende Wissenschaftlerin, und wird so von Mal zu Mal auch sympathischer. Ähnliches gilt für andere Personen, welche anfangs ebenfalls eher nur oberflächlich gezeichnet waren. Richtige Tiefe erlangen die Charaktere zwar zu keinem Zeitpunkt, aber eine Entwicklung war immerhin schon zu bemerken.

Wichtiger ist bei diesem Werk ohnehin die Thematik, und die ist in der Tat sehr interessant umgesetzt. Sie war ehrlich gesagt auch der Grund, der mich am Lesen hielt. Ich habe richtig mitgefiebert, war neugierig, welche neuen Erkenntnisse zutage treten und wie die verschiedenen Schwierigkeiten gemeistert werden würden. Nach und nach erfährt man immer mehr über diese seltsame Tierwelt, und je mehr man erfährt, desto spannender wird es. Nicht selten habe ich mich dabei ertappt, wie ich die Gedanken weitergesponnen habe. Zugleich kann ich aber auch beruhigen, dass die Fakten keineswegs mit überfordernder Dichte heruntergerasselt werden, sondern sie ganz natürlich in die Story einfließen und so zur Spannung beitragen. Auch Action und Infos halten sich die Waage.

Die Kapitel sind übrigens noch einmal in chronologische Unterkapitel eingeteilt, wobei die Szenen abwechseln. Da manche Unterkapitel recht kurz sind, erscheint das Ganze unter Umständen ein bisschen abgehackt. Wohlgemerkt: Es erscheint nur so! Dem Storyfluss tut dies keinen nennenswerten Abbruch, zumal die Szenenwechsel stets im angemessenen Moment vollzogen werden. Der Schreibstil ist durchschnittlich, leicht zu verstehen, populär und meist sachlich, ohne jeden Schnörkel. Nichts Besonderes also, weder im positiven noch im negativen Sinne.  

Fazit

Alles in allem fand ich hiermit eine unterhaltsame und teils lehrreiche Geschichte vor, an der Charles Darwin, der Evolutionsforscher, sicher seine helle Freude gehabt hätte. Stilistisch mag es kein Meisterwerk sein (ein durchschnittlicher Thriller halt), aber dennoch habe ich mich bei dieser flüssig zu lesenden Lektüre amüsiert. Lediglich zum Ende hin erschien es mir hollywoodmäßig gekünstelt und übertrieben.


Karin 06.11.2010, 20.16

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Falk

Diese "Spiger" finde ich interessant! Zum einen bin ich ja nach dem chinesischen Sternbild ein Tiger. Zum anderen habe ich es ja auch irgendwie mit Spinnen :blinky:

Liebe Grüße
Falk

vom 09.11.2010, 18.37
Antwort von Karin:

Das war ja klar.*lol*  
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