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Wörter des Jahres

Nun stehen sie also fest - die Top Ten der "Wörter des Jahres" 2006. Nicht alle gefallen jedem gleich gut, und gewiss nicht jeder würde die Prioritäten über die Wichtigkeit dieser Wörter ebenso setzen. Persönlich würde ich einige sogar eher als Unwörter denn als Wörter des Jahres betrachten. Doch immerhin zeigt das alles, wie Sprache und deren Entwicklung so unterschiedlich auf Menschen wirkt, wie die Art und Weise, wie etwas ausgedrückt wird, die öffentliche Meinung mitunter entscheidend prägen kann, und wie die Sprache immer auch ein Spiegel der Kultur ist, sich im Wandel der Zeit auch verändert. Das finde ich immer wieder spannend und es wird mir niemals langweilig, mich damit zu befassen.

Hier also die Top Ten für dieses ablaufende Jahr (in Deutschland) - und je eine kleine Bemerkung, wie ich persönlich dazu stehe:
  1. Fanmeile: Da ich mich nicht allzu sehr von dem ganzen WM-Trubel habe anstecken lassen und diesen eher mit distanzierter Nüchternheit betrachtet habe, halte ich diesen Begriff persönlich für überbewertet. Wenn schon, dann hätte ich eher für den Ausdruck "Sommermärchen" plädiert.
  2. Generation Praktikum: Doch, dieser Begriff trifft die Realität denke ich schon (leider) ziemlich gut. Allerdings lässt er natürlich die Masse derjenigen außer Acht, die gar nicht erst an ein Praktikum kommen.
  3. Karikaturenstreit: Ein Konfliktthema als Wort des Jahres? Irgendwie stehe ich dem mit gemischten Gefühlen gegenüber. Denn wenn man so einen kontroversen Begriff als Wort des Jahres hochstilisiert, könnte das nicht eventuell auch den kulturellen Streit zwischen islamischer Kultur und westlichen Gesellschaften wieder aufleben lassen? Weil gewisse islamische Glaubensgruppen das als Provokation ansehen könnten?
  4. Rechtschreibfrieden: Das ist mal ein schönes Wort! Ja, es scheint wirklich so eine Art Frieden zwischen Kritikern und Befürwortern (und den Menschen dazwischen) der neuen Rechtschreibung und der Reform Korrektur der Rechtschreibreform eingetreten zu sein. Man hat sich damit abgefunden, und irgendwie schreibt ja doch jeder so, wie er es für richtig und logisch hält. Selbst in den Medien wird längst nicht mehr immer so geschrieben, wie es im Duden steht. Wenn fast keiner weiß, wie man schreiben sollte, wenn man sich peinlich an alle Regeln halten wollte (außer vielleicht Sprachkenner wie er), dann sieht man es irgendwann immer gelassener und ist manchmal erstaunt, wieviel man eigentlich unwissend anders macht (ich vermeide bewusst den Ausdruck: "falsch").
  5. Prekariat: So, jetzt heißt die "neue Unterschicht" also Prekariat. Auch nicht viel besser - in meinen Ohren eher sogar noch schlimmer, der Begriff! Wer also arm ist, ist nun "prekär" - vermutlich vor Allem, weil er dem Staat auf der Tasche liegt. Ein sehr intoleranter, wenn nicht sogar diskriminierender Ausdruck. Brauchen wir das? Wie gehen die Betroffenen damit um? Ich kann darüber nur den Kopf schütteln.
  6. Bezahlstudium: Ist sehr treffend ausgedrückt und aktuell. Daher keine Kritik von meiner Seite an diesem Ausdruck.
  7. Problembär: Wenn ein Tier sich nicht so verhält, wie die Menschen es wollen (sondern so, wie es nun mal seiner Art entspricht, Risiko für andere Arten inbegriffen), dann wird es einfach nur als "Problemfall" bezeichnet; Wenn aber ein Mensch die Sau rauslässt, dann würde es niemandem einfallen, ihn als "Problemmenschen" zu degradieren, als würde sein ganzes Wesen in diesem einen Problem bestehen. Daher ist Problembär für mich eindeutig ein UNwort!!!
  8. Poloniumspuren: Eine schlimme Sache, deren Ausmaß uns sicherlich alle schockiert hat (und dessen Spuren noch heute nachwirken - ist ja auch nicht allzu lange her). Auf jeden Fall berechtigt, dass es an dieser Stelle steht, und ansonsten kein weiterer Kommentar.
  9. Klinsmänner: Warum eine ganze Fußballmannschaft, die immerhin aus elf mehr oder weniger zusammenwirkenden Individuen besteht, auf eine Person - und trage sie auch noch so eine hohe Verantwortung - reduzieren?
  10. schwarz-rot-geil!: Nichts gegen Patriotismus - in seiner gemäßigten Form, die eine Liebe und Verbundenheit zum eigenen Land ausdrückt, und zwar ohne andere Nationalitäten herabzuwürdigen oder sich selbst gar höher zu stellen. Aber bei dieser Phrase sehe ich diese Kriterien nicht unbedingt erfüllt; darüber hinaus finde ich sie einfach hohl.
Die Österreicher haben sowas übrigens auch: Hier deren Wort des Jahres, und hier das Unwort. Wenn das schon im Vergleich sehr krass wirkt, dann hört bei den Un-Sprüchen, die die österreichischen Politiker dort im Laufe des Jahres abgelassen haben, der Spaß nun wirklich auf!

Bei den Schweizern ist es übrigens das Rauchverbot, das - wie hier geschrieben steht - stellvertretend für viele weitere (teils absurde oder schlicht überflüssige) Verbote ist. Was aber ein Köbi und was ein Plämpu sind, müsste ich erst nachschlagen. Das Unwort erklärt sich von selbst.

Karin 16.12.2006, 23.18

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Trick_17

Ich habe mich auch nicht so von der WM anstecken lassen, finde es aber doch sehr passend. Und es ist ein schönes Wort. Man sollte Ende des Jahres nicht immer nur die schlechten Sachen hervor kramen. :jaaa:

LG Evi ;-)

vom 18.12.2006, 12.36
Antwort von Karin:

Eben deshalb mag ich den "Rechtschreibfrieden" so. :) Und überhaupt ist das mit den Wörtern des Jahres, wenn man das alles bedenkt, was sie umfassen (Zeitgeschehen, was die Welt in diesem Jahr bewegte usw.) so gesehen ja auch eine Art Jahresrückblick - oder eine Alternative dazu. :)
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