Beim Öffnen meines Blogs fand ich heute einmal diesen Zufallsspruch, zu dem ich es nicht lassen konnte, mir meine Gedanken zu machen:
Wenn das Wort schärfer ist als ein Schwert, ist ein Satz dann potenter als ein Heer? Und sind Seiten weiser Sätze dann gefahrvoller als entfesseltes Atom? Wenn das Wort aber nur ein Schatten ist vom wahren Gefühl, ist das wahre Gefühl dann nur ein Schatten einer ersten Idee? Fühlte sich die Idee ins Sein oder dachte sich das Sein ins Gefühl und schuf dabei das Wort, das stärker ist als ein Schwert?©
Christa SchybollThese des Zitats: Erst wenn die Idee da ist, kann ein Gefühl entstehen, und aus dem Gefühl entspringt letztlich das Wort.
Inwiefern entspricht das meiner Lebenserfahrung, oder eben nicht?
Dieser Frage versuche ich mit den folgenden
Ãœberlegungen auf den Grund zu gehen.
Eines ist sicher: Wenn nicht die »Idee« eines Gefühls (zum Beispiel Liebe - gleich welcher Art) da ist, also die Vorstellung davon, wie es sein könnte, die letztlich vielleicht sogar der Auslöser für irgendeine Hoffnung ist (aber das nur am Rande) - dann gibt es dieses Gefühl womöglich gar nicht. Denn dann könnte man ja nicht erkennen, dass man es gerade fühlt, es wäre gewissermaßen gar nicht existent. Die Erkenntnis, dass man gerade etwas Bestimmtes fühlt, gibt diesem Gefühl schließlich erst eine Bedeutung. Denn wenn ich nicht weiß, was ich fühle, was macht es dann aus? Was bewirkt es in mir? Was ändert sich an meiner Situation? Nichts. Nichts. Und nochmals: Niente.
Das alles ist aber völlig unabhängig davon, ob ich das jeweilige Gefühl auch benennen kann. Eine Erkenntnis ist ein tiefer innerer Vorgang, der sehr viel weiter geht, als bloße Worte auszudrücken vermögen. Die größten Dichter mit dem weltgewandtesten, umfangreichsten Vokabular sind schon daran gescheitert bei dem Versuch, ein Gefühl oder mehrere - oder gar deren Wechselwirkung zueinander - in Worte zu kleiden (manchmal vielleicht, bis es sich vollständig verflüchtigt hatte).
Umgekehrt kann ein Wort natürlich Emotionen auslösen, keine Frage. Und hinter jedem gesprochenen Wort steckt auch oft mehr als der nackte Inhalt des Gesagten. Natürlich sind da Gefühle im Spiel, sonst könnte man sich ein Gespräch (oder welche Form der Kommunikation man auch immer als Ausdrucksform wählt) ja gleich schenken. Doch das Gefühl ist hier lediglich ein Motiv dafür, dass die Worte genau so und nicht anders aneinandergereiht werden. Die Worte stellen nie das Gefühl selbst dar, erst recht nicht in seiner reinsten Form, so wie es jetzt da ist.
Ich weiß nicht, irgendetwas stört mich an der Aussage.
Also, gehen wir noch einmal die Anfangsthesen eine nach der anderen durch.
Das Wort ist nur ein Schatten vom wahren Gefühl - das deckt sich ja noch mit meinen eigenen Überlegungen. Aber das Gefühl soll ein Schatten der ersten Idee sein? Das glaube ich nicht. Die erste Idee ist doch der Funke, der überspringt, um dann ein immer größer werdendes Feuer zu entfachen. Nicht umgekehrt. So sehe ich das.
»Fühlte sich die Idee in das Sein, oder dachte sich das Sein in das Gefühl und schuf dabei das Wort, das stärker ist als ein Schwert?«
Hmmm ... eigentlich ist das ja ganz einfach: Zuerst war die Idee da (sonst wäre das Gefühl nicht erkannt worden, s.o.) - also fühlte sich die Idee in das Sein, und schuf dabei das Gefühl, das das Wort in Gang setzte (nicht schuf!), das stärker als ein Schwert sein kann, aber nur wenn die inneren Motive, sie auszusprechen, stimmen bzw. echt sind.
Worte können richtig sein und trotzdem lügen. Das sollte man unterscheiden.
Das soll mein Schlusswort dazu sein.
Karin
PS: Es handelt sich hier lediglich um meine persönliche Meinung, die ich hier kundtue. Gerne lese ich mir Eure Kommentare dazu an, diskutiere über das Für und Wider und akzeptiere Eure Ansichten wie Ihr die meinen. Es ist jedoch niemals meine Absicht, irgendwelche feststehenden Dogmata aufzustellen o.ä. So etwas steht mir nicht zu.
PS2: Sollte ich unwissentlich irgendein Copyright dadurch verletzt haben, dass ich diesen Spruch als Ausgangspunkt für meine Gedanken zitiert habe, so nehme ich gern den ganzen Beitrag zurück oder formuliere meinen eigenen Text so um, dass er ganz allgemein und ohne Bezug auf das Zitat veröffentlicht werden kann. Dann wäre ich auf der sicheren Seite, weil meine Überlegungen ja mein eigenes geistiges Eigentum sind. Ich finde, die Fragestellung an sich ist doch wichtig genug, um einen solchen Aufwand (der eventuellen Überarbeitung) zu rechtfertigen.