Dies soll mein Beitrag zu der Aktion
Free Burma sein.
Zunächst möchte ich Euch auf die
AVAAZ-Petition hinweisen. Bis jetzt haben bereits 590.125 (Stand 23.45 Uhr: 599.101) sie unterschrieben. Bitte helft mit, dass mindestens die 1.000.000 zusammenkommen.
Die Petition werden sie an die Medien sowie an Mitglieder des Sicherheitsrates inkl. China schicken.
Da die aktuellen Geschehnisse im Rahmen dieser Aktion natürlich schon sehr oft in Beiträgen und Kommentaren thematisiert werden, habe ich mir gedacht, ich schreibe auch mal etwas über das Land selber, seine historischen Hintergründe und seine (durchaus vielgestaltige) Kultur.
Am Ende dieses Beitrages stelle ich dann noch einige Links zu den aktuellen Entwicklungen hinein, teilweise mit ausgewählen Zitaten, die wichtige Dinge zusammenfassen.
Ein wenig Geschichte Schaut man sich die
birmanische Geschichte an, stellt man fest, dass das Land die meiste Zeit über fremdbestimmt war.
"
Im 11. Jahrhundert gründete König Anawrahta das erste birmanische Reich. Im 19. Jahrhundert fiel Birma nach mehreren Kriegen unter britische Herrschaft. Der letzte König von Birma wurde mit seiner Familie durch die britische Besatzung ins Exil nach Indien geschickt, wo er auch starb. Birma wurde Teil von
Britisch-Indien. Im Zweiten Weltkrieg wurde es von
Japan okkupiert, aber nach Kriegsende wieder von den Briten zurückerobert. 1948 wurde Birma in die Unabhängigkeit entlassen. Seither halten bewaffnete Konflikte
in verschiedenen Landesteilen an, wo ethnische Minderheiten gewaltsam
für mehr Autonomie oder Unabhängigkeit kämpfen. Nach einer kurzen demokratischen Phase bis 1958/1962 wurde Birma von verschiedenen Militärregimen kontrolliert." (Quelle:
Wikipedia)
Was das Volk möchte, danach wurde offenbar selten gefragt - außer in der kurzen
demokratischen Phase 1952 bis 1958.
Kultur(en) und Minderheiten
Obwohl 87-89% aller in Birma lebenden Menschen (und das sind nicht nur
Birmanen) Buddhisten sind und dementsprechend der Buddhismus dominiert,
gibt es in diesem Land auch viele verschiedene Minderheiten, die sich
teils auch überschneiden. Sie leben dort in den unterschiedlichen
Regionen - manche Völker haben eine eigene Region, z.B. die
Shan.
Da dies in all den Diskussionen häufig untergeht, will ich hier vor
Allem auf die Minderheiten hinweisen (die vom Militärregime oft in
besonderer Form benachteiligt werden).
Außer den Shan existieren noch die
Karen,
von denen gerade in letzter Zeit viel berichtet wurde, und über die
Misshandlungen, die das Militär an ihnen immer wieder vornimmt.
Weiter gibt es noch die
Mon, die
Chin und die
Kachin (Jingpo). Nicht zu vergessen die muslimischen
Rohingya, die in dem Landesteil
Rakhaing angesiedelt sind.
Dazu kommen 128 weitere Ethnien, die ich natürlich nicht alle aufzählen kann.
Die Religionen teilen sich insgesamt wie folgt auf: Neben der oben
erwähnten Mehrheit der Buddhisten besteht die Bevölkerung zu 4% aus
Christen, genauso vielen Muslimen, sowie 3% Sonstige (u.a.
Stammesreligionen). Wohlgemerkt: Gemessen an den 54 Mio. Einwohnern ist
das schon eine ganze Menge!
Rund um die Lebensverhältnisse im Land
Demographische Daten
- Bevölkerungswachstum: 1,5 % (1998); 1,2 % (2002)
- Lebenserwartung: 57,2 Jahre (2002)
- Säuglingssterblichkeit: 77 pro Tausend (2002)
- Etwa 1 bis 2 % der Bevölkerung wird als HIV-positiv geschätzt
- Alphabetisierung: 85,3 % (2002)
- Umgesiedelte im eigenen Land: 1.000.000
Ein Grund für die niedrige Lebenserwartung (bis 2005 war sie noch weiter auf 55 Jahre gesunken!) sind wohl die schlechten Gesundheitsverhältnisse, vor Allem AIDS und hoher Drogenmissbrauch. Hinzu kommt, dass das Gesundheitssystem in Birma eine Katastrophe ist. (Hier findet man eine pdf-Datei, die den Status von 2005 beschreibt.)
Dem Militärregime war es seit jeher wichtiger, Geld für die staatliche Kontrolle und zur Aufrechterhaltung seiner Selbst auszugeben, als für das Wohl des Volkes. So war es auch bei der Flutkatastrophe 2005.
Auf Wikipedia heißt es:
"Myanmar ist seit einigen Jahren eines der Länder mit besonders hoher AIDS-Zuwachsrate, was von der Junta lange nicht zugegeben wurde und das Problem verschlimmerte. Ursachen sind vor allem die Prostitution besonders in Rangun und die verbreitete, auf Grund leicht zu beschaffender inländischer Stoffe traditionelle Drogenabhängigkeit,
die infolge der gesellschaftlichen Zerrüttung und Aussichtslosigkeit
noch gefördert wird (...). Außerdem ist im Staatsbudget für soziale Wohlfahrt und Gesundheit
zusammen weniger als ein Zehntel dessen vorgesehen, was für Militär,
Polizei und Geheimdienste ausgegeben wird.
Der Bildungssektor ist in Myanmar, das eine ausgesprochene
Bildungstradition hat, unter dem Militärregime besonders stark
verkümmert. Mehrere Hochschulen wurden vorübergehend oder ganz
geschlossen (...) .
Lernfreiheit und freie Fächerwahl besteht nicht, dafür ist es möglich,
gewisse Fächer per Fernkurs zu studieren. Ein großes Problem ist auch,
an Bücher zu kommen."
Dass die Liste der
Menschenrechtsverletzungen in Birma lang ist, ist wohl bekannt. Dennoch sei es noch einmal betont.
Wirtschaft und Infrastruktur
Wenn
ich das richtig sehe, ist das BIP verglichen mit 2001 weiter deutlich
gesunken. Die meisten Menschen arbeiten in der Landwirtschaft, die
zugleich den größten Anteil am BIP ausmacht. Auf Platz 2 folgt der
Dienstleistungssektor, dann weiter hinten die Industrie. (Die Zahlen
gebe ich nicht an, weil die ja mit jedem Jahr variieren können und mir
die von 2007 nicht vorliegen. Die Tendenz dürfte aber die Gleiche sein.)
In Birma herrschen viele wirtschaftliche Probleme: Inflation, hohe
Korruptionsrate, steigende Lebensmittel- und Treibstoffpreise... und
auch hier kann man sagen, dass die Militärdiktatur Mitschuld daran
trägt.
Dabei ist Birma sehr reich an Rohstoffen: Es ist bekannt für seine
edlen Steine, sein Gold (das sieht man schon an den vielen Goldkuppeln
der Tempel) und sein Kupfer sowie Erdöl und -gas.
Und auch touristisch hat es einiges zu bieten - unter demokratischen
Verhältnissen könnte das durchaus eine gute Einnahmequelle sein, um die
Wirtschaft zu beleben.
Weniger schön ist freilich, dass Birma im Dro*genhandel eine Rolle spielt. Es ist Teil des
Goldenen Dreiecks,
in dessen Gebiet Schlafmohn, der Rohstoff für O*pium und He*roin,
angebaut wird. Noch bedeutender ist Birma jedoch in der Herstellung von
A*mphetam*inen; hierbei stehen sie ganz weit vorn.
Und auch hier profitiert die Militärregierung mit! Kein Wunder also,
dass sie kein Interesse haben, etwas dagegen zu unternehmen.
Die wirtschaftliche Lage spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass
mehr in das Land importiert als daraus exportiert wird. Und zwar werden
vor Allem Konsumgüter und Inestitionsgüter importiert, während
überwiegend Erdgas und landwirtschaftliche Produkte exportiert werden.
Hauptabnehmer für birmanische Exportgüter sind zurzeit Japan, Korea,
Singapur und China. Unter den wenigen verbliebenen "westlichen"
Staaten, die birmanische Waren importieren, ist Deutschland
europäischer Spitzenreiter.
(Quelle:
Wikipedia)
Vor all diesen Hintergründen dürfte es nicht verwundern, wie es um das
Straßennetz von Birma bestellt ist: 2005 waren von 27.000
Straßenkilometern lediglich 3.200 asphaltiert. Die Straßen sind den
Witterungsbedingungen ausgeliefert und sind so angelegt, dass sie zur
Regenzeit überschwemmt werden.
Beim Schienenverkehr sieht es teils nicht ganz so schlecht aus. Aber
auch hier: Manche Strecken sind verschlissen, weil sie nicht
ausreichend instandgehalten werden; deswegen - und weil die Züge
veraltet sind und nur 30 km/h fahren - kann man zum Zeitvertreib beim
Warten am Bahnhof Wetten derüber abschließen, wie viele Stunden
Verspätung der Zug diesmal haben wird.
(Weiteres: s. Wikipedia ->
Infrastruktur)
02.10., auf taz.de:
Audienz beim Juntachef
Vor dem Abschluss seiner Reise trifft der UN-Gesandte Ibrahim Gambari
mit General Than Shwe zusammen. In Genf tagt der Menschenrechtsrat. -> Weiterlesen
03.10., auf taz.de:
Logistik für die Junta (sicher nur ein Beispiel von vielen)
Der französische Ölmulti Total soll vor ein belgisches Gericht. Der
Vorwurf: Er soll Zwangsarbeiter eingesetzt und die Junta unterstützt
haben. ->
Weiterlesen04.10., 10:30 Uhr auf Welt.de:
Militär organisiert nächtliche Säuberungen"Unter
anderem wurde auch eine Mitarbeiterin der Vereinten Nationen zusammen mit
Familienmitgliedern zu Hause abgeholt. Mehrere einheimische Journalisten
wurden auch festgenommen. "Ich mache mir große Sorgen über das
Schicksal der Gefangenen", sagte der finnische Botschafter in Rangun,
Lars Backstrom. "Die Zahl der Festgenommenen ist offenbar recht hoch,
und niemand darf die Menschen besuchen.""04.10., 16.28 Uhr, idem:
Birmanische Militärjunta knickt ein (?)
"Die 692 Freigelassenen mussten vor ihrer Entlassung eine Erklärung
unterschreiben, dass sie sich künftig nicht mehr an Protesten beteiligen." (!)
" Pro Asyl kritisierte eine schriftliche
Auskunft des Auswärtigen Amts (AA) vom März 2007. Darin heiße es, „nach
Kenntnissen des Auswärtigen Amts“ stelle „eine abweichende politische
Überzeugung in Myanmar (Birma) keinen Straftatbestand dar und führt nicht
unmittelbar zu Repressalien und Verfolgung“. Erst bei weiter gehenden
Handlungen, wie einer Missachtung des Versammlungsverbots, sei demnach mit
Drangsalierungen zu rechnen." (!!!)
04.10., auf Spiegel.de:
Militärjunta nimmt Journalisten ins VisierDas Militärregime in Burma geht gnadenlos gegen Demonstranten vor.
Menschen, die Fotos der Proteste ins Ausland schickten, werden
verhaftet. Auch Journalisten werden im staatlichen Rundfunk bedroht. ->
Weiterlesen 04.10., auf Spiegel.de:
Juntachef will Oppositionsführerin Suu Khi treffenAber nur unter einer Bedingung:
"Thahn Shwe habe dem Uno-Gesandten Ibrahim Gambari gesagt, er werde Aung
San Suu Kyi persönlich treffen, wenn sie von ihrer Haltung der
"Konfrontation, Verwüstung und Sanktionen" abrücke." (!!)
04.10., auf taz.de:
Niedergeschlagen, nicht besiegt (über den Alltag der Mönche nach den Ereignissen)
"In Birma leben mehr Mönche als Soldaten - auf 52 Millionen Birmesen
kommen mehr als 500.000 Mönche. Sie leben in 50.000 Klöstern. Die
Klöster fallen umso mehr auf, als es in dem bitterarmen Land - das
Bruttosozialprodukt pro Kopf zählt mit 220 Dollar zu den niedrigsten
der Welt - nur wenige repräsentative Bauten neben den vielen
Bambushütten gibt. (...) Für deren Bau und Unterhalt zahlte bisher auch die Junta.
Das sorgte lange Zeit für Frieden zwischen Mönchen und Militärs."
"Er erklärt, warum die Mönche nicht über Politik sprechen: Myawadty sei
eine Stadt voller Spitzel und Soldaten, sagt er, offene Gespräche
ließen sich hier nur unter vier Augen führen, und zwar am besten mit
Ausländern, die am nächsten Tag wieder verschwunden seien."
""Der Buddha sagt: Wenn du mich tötest, tötet dich ein anderer",
entgegnet der Vorsteher. Diesmal antwortet er wie aus der Pistole
geschossen. Es ist seine Reaktion auf das Morden in Rangun."
"Ihr Hungerstreik, heißt es, habe schon begonnen. Um ihn zu brechen,
errichte die Regierung bereits kleine Hütten auf dem Gelände, um die
Mönche voneinander zu isolieren. Zugleich hätten sich in vielen
Klöstern, die von der Armee abgeriegelt seien, die Mönche geweigert,
Lebensmittelspenden von der Regierung anzunehmen. Damit handelten sie
in der buddhistischen Tradition, die Spenden nur von rechtgläubigen
Buddhisten erlaubt. Mit diesem Boykott würden sie der Regierung den
rechten Glauben absprechen."
"Ich kann euch nur helfen, euch selbst zu befreien." (Aun San Suu Kyi)