Hätten wir uns an diesem Nachmittag nach Hause fahren lassen statt ins
Tal zur nächsten Haltestelle der Regionalbahn, wären wir ganze
eineinhalb Stunden früher daheim gewesen als so. Im Nachhinein hätte
man sich das ja denken können, dass wenn draußen ein Sturm von
mindestens Windstärke sieben tobt und die Bäume, vor allem die an
Abhängen, wie sich vom Fenster unserer Gastgeber beobachten ließ, in
eine irgendwie bedrohlich wirkende Schräglage bringt, dass dann sehr
wahrscheinlich irgendetwas passiert. Aber im Rückblick ist selbst der
Optimistischste schlau.
Pünktlich stiegen wir aus dem Auto, verabschiedeten uns noch und gingen
in Richtung Bahnsteig, wo bereits ein weiterer wartender Fahrgast
Richtung Düren wartet und die Bauarbeiter fleißig diesen Bahnsteig neu
am pflastern sind. Wir warten, gehen ein paar Schritte auf und ab,
gucken, fotografieren ein wenig zum Zeitvertreib (zumindest ich). Als
die Armbanduhr die Zeit anzeigt, an der die Bahn hätte kommen müssen,
rollt sie nicht etwa heran - nein, nichts ist zu sehen, kein
Schienenfahrzeug kommt um die Ecke. Nur das Geräusch des Fugengerätes
der eifrigen Pflasterer ist weit und breit zu hören. Und natürlich das
Muhen der Kühe vom anliegenden Bauernhof auf der anderen Seite. Von
schnatternden Gänsen, die über die zu diesem gehörenden Wiese laufen.
Ein Traktor fährt von diesem Bauernhof die Gleise überquerend mit einem
Futtertrog in Richtung Dorf. Eine Reitergruppe zieht vorbei. Alles ist
in Bewegung...
Doch die Bahn will immer noch nicht auftauchen. Erst als einer der von
dem Verkehrsunternehmen beauftragten Bauarbeiter dort anruft, erhalten
wir die Auskunft: Es liegt oder lag ein Baum auf der Strecke, worauf
die Verzögerung zurückzuführen ist. Das Beförderungsmittel dürfte aber
bald kommen.
Tut es auch - allerdings aus der anderen Richtung. Da aber in
Anbetracht dieses wetterbedingten Vorfalles das Gefährt nur noch bis
zur nächsten Station fahren wird statt bis zur viel weiter entfernten
Endstation, steigen wir natürlich ein - schon ahnend, dass es etwas
länger dauern könnte, bis wir endlich am Ziel sein werden.
Ich weiß nicht, wie lange der Zug bei dieser nächsten Station stehen
blieb (hab's nicht so genau gezählt); jedenfalls gab es dann ein Hin
und Her und allgemeine Verwirrung, als der Zug aus der anderen Richtung
(der Bahnhof ist zweigleisig! ;)) kommt und die Menschen, die Richtung
Düren wollen, natürlich dort einsteigen wollten, doch der fuhr nicht
weiter, angeblich weil es nur einen Zugführer gäbe. Also wieder zurück
in den einen Zug... und warten... warten.. warten...
Am liebsten hätte ich mir da eines der vorbeiziehenden Pferde geschnappt (es ist dieselbe Gruppe wie eben), oder halt irgendeines von der Koppel
geklaut ausgeliehen und wäre damit nach Hause geritten... Selbst wenn ich nicht im Schweinsgalopp dahinfliegen würde, auch im Trab wäre ich auf alle Fälle schneller da gewesen. Die Reitergruppe hat es ja schon im Schritt geschafft, uns einzuholen. Solche Gedanken schwirren mir im Kopf herum.
Versuchen, dem Funkgespräch zu lauschen (es ist immer so laut, dass man
es im Zug mithören kann, außerdem ist der Lokführerbereich offen), das
vorne geführt wird, um vielleicht irgendetwas Neues darüber zu
erfahren, wie und wann es denn nun weitergeht. Vergeblich. Eindeutige
Informationen: Fehlanzeige.
Inzwischen haben sich einige Leute bereits abholen lassen. Dann heißt
es, dass noch eine Station weiter gefahren wird, wo dann für die Leute,
die noch weiter müssen, ein Bus bereitsteht, während der Zug dann
endlich nach Düren umkehren wird. Er fährt nun an, bleibt nach einigen
Metern, noch am Bahnsteig, wieder stehen. Nach fünf Minuten geht es
dann auch wirklich los. Endlich!
Gesagt, getan. An besagter Station werden die Passagiere, die raus
müssen, hinausgelassen. Es folgt wieder warten. Dabei dürfte doch auf
der Strecke, die wir gerade in anderer Richtung befahren haben, und wo
wir hin müssen, eigentlich doch nicht auch noch ein Baum liegen. Oder?
Na, wundern täte einem in dem Moment nichts mehr.
Zeitsprung: Irgendwann kommt das Ganze tatsächlich in Gang, und so
befinden wir uns schließlich auf dem Weg in Richtung Heimat. Leute
steigen zu, andere aus - der ziemliche normale Zugfahralltag nimmt
seinen Betrieb wieder auf. Ich lese. Nein, aus der Ruhe bringen lasse
ich mich nicht so schnell - das ändert nichts an den Gegebenheiten.
Zwar hätte ich doch noch gern etwas mehr erledigt bekommen, aber es war
nun mal so wie es war.
Kurzum: Um halb Vier waren wir abgesetzt worden - um sechs Uhr waren
wir in Düren. Wären die Dinge anders, d.h. gewohnt zuverlässig und ohne
die Folgen von Wetterkapriolen (in Verbindung mit offenbar schlechter
Organisation) verlaufen, wären wir um ca. 16.00 Uhr zu Hause gewesen.
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Unterwegs stellte ich mir gedanklich die Frage, ob es nun gewonnene
oder verlorene Zeit war, die wir unfreiwillig so verbracht haben. Ich
kam zu dem Schluss, dass ich die Zeit unter anderen Umständen durchaus
sinnvoller zu nutzen gewusst hätte. Sogar die müßigen Phasen, in denen
ich mal nichts aktiv tue oder nicht mehr, als wenn ich wie heute mit
der Bahn in der Eifel feststeckte, würde ich noch eher als "gewonnene
Zeit" bezeichnen als diese Situation. Der Unterschied? Die Ruhepausen
sind gewollt, ggf. verdient und es wird in jedem Fall ein Sinn darin
erkannt (sonst würde man sie nicht machen). So etwas wie hier hingegen
nicht. Deshalb langweilt man sich dann auch.
Nun freue ich mich trotz dieses Ereignisses auf morgen und hoffe, dass
der Sturm doch bitte bitte NICHT seine Spuren auf der RE-Strecke nach
Siegburg hinterlassen möge... Sonst bin ich sauer!! Merk Dir das,
Sturm!! Wehe!!!
Na, wenn alles glatt und fahrplanmäßig läuft, bin ich sowieso etwa eine
halbe Stunde vor den anderen da. Eine halbe Stunde Pufferzeit dürfte
wohl genügen. Neun Uhr muss ich regulär aus dem Haus, um diese
Zugverbindung zu kriegen. Ich habe auch keine Lust und sehe nicht ein,
NOCH eine Stunde früher zu fahren, bloß um dann ganze eineinhalb
Stunden am Ziel warten zu müssen. Gewartet habe ich heute schon genug.
:)