Heute morgen in unserer regionalen Zeitung war wieder so ein Fall, wo ich mich frage:
Wie kann sich in nur wenigen Jahren (und es ist ja weniger als zehn Jahre her, dass ich selber in dem Alter war) nur so viel im negativen Sinne in der Jugend tun?
Was machen die Erziehungsverantwortlichen falsch, das früher nicht so gravierend oder nur in Einzelfällen in die Hose ging?
Sind die heutigen Jugendlichen dümmer als die, die es noch vor einigen Jahren waren? Und es sind ja nicht nur Hauptschüler, bei denen solche schlimmen Gewaltfälle auftauchen - jetzt ergreift diese Welle schon die Realschüler unserer näheren Umgebung; demnächst fängt das vielleicht auch noch an den Gymnasien an oder tut es schon (denkt nur an den Fall Steinhäuser in Erfurt seinerzeit).
Es ist immer wieder erschreckend, und immer noch kann ich es nicht verstehen.
Noch als ich in dem Alter war, wäre so etwas nicht möglich gewesen, oder zumindest waren es da noch Einzelfälle. Vielleicht lag das daran, dass sie sehr viel weniger in die Schlagzeilen gerieten, weil dann die Diskussion noch nicht so aktuell war.
Vielleicht ist das belgische Schulsystem in punkto Erziehung doch besser bzw. wird mehr Wert darauf gelegt, dass neben der fachlichen Ausbildung auch die erzieherische Aufgabe der Schule mehr wahrgenommen wird. Dort werden nämlich extra Erzieher/innen angestellt, die sich nicht nur um die Abwesenheiten von Schülern kümmern, sondern auch Ansprechpartner sind, wenn es Probleme gibt. Auf den Schulhöfen steht in den Pausen immer ein oder meistens zwei Erzieher, die halt aufpassen und ggf. auch eingreifen können, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Klar, als ich klein war, wurde diese "Kontrollaufsicht" von den meisten eher als einschränkend empfunden. Wer allerdings genauer nachgedacht hat, musste allerdings auch einsehen, dass es auch eine durchaus sinnvolle Einrichtung war.
So durfte zum Beispiel niemand ohne Erlaubnis der Eltern das Schulgelände in der einstündigen Mittagspause verlassen (essen konnte man auch sehr preisgünstig in der Schulkantine). Natürlich ist das noch lange keine Gewähr dafür, dass da nicht irgendetwas in dieser Mittagspause passiert. Aber ich denke doch, dass diese Maßnahme helfen kann, beispielsweise Gewalt unter Schülern einzudämmen, da verantwortungsbewusste Eltern ja i.d.R. ihr Kind, dessen Neigungen und auch Beeinflussbarkeit meist sehr gut, auf jeden Fall aber besser als Fremde, einschätzen können und daher wissen, was sie ihrem Kind erlauben können und was lieber noch nicht, wie selbstständig und vernünftig es bereits denkt und wo nicht, eventuell wie impulsiv und aus niederen Instinkten es manchmal handelt oder eben glücklicherweise nicht.
Ja, ich denke, es liegt zu einem beträchtlichen Anteil auch an dem deutschen Bildungssystem. In anderen Ländern scheint es jedenfalls nicht so in dem Ausmaß zu eskalieren wie hier. Und wenn dann nur in sozialen Brennpunkten - in Deutschland aber ist es schon überall so, unabhängig von den sozialen "Schichten" (leider gibt es sie noch) und Milieus. Sicher ist das auch hier ein zusätzlicher Faktor, aber es bleibt nicht dabei, die Gewalt und Kriminalität ist vielmehr schon längst über dessen Grenzen hinaus präsent.
Und was ich auch nicht verstehe, ist, warum die Eltern verdammt noch mal in vielen Fällen nicht mehr darauf achten, was ihre Kinder sich für gewaltverherrlichende DVD's, Musik, Computerspiele und sonstige Medien reinziehen. Denn oftmals fehlt den pubertierenden Teenies noch das verschärfte Urteilsvermögen, um mit so etwas richtig umzugehen. Und geredet wird auch oft nicht mehr miteinander, auch nicht darüber, in diesen Familien. Manchmal hat man sogar den Eindruck, es ist den Eltern schon egal, wie ihre Kinder sich entwickeln. Teils weil sie zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sind (hier müsste die Gesellschaft eigentlich mal eingreifen, zum Beispiel dafür sorgen, dass ein alkoholabhängiger Vater in eine Entzugskur kommt, schon den Kindern zuliebe, die die Folgen letztlich zuerst abbekommen).
Am Ende ist die ganze Gesellschaft, sind wir alle in einem gewissen Grad verantwortlich für das, was in dieser geschieht. Ich denke mal, dass man diese Entwicklung immer noch - langfristig - stoppen kann, indem die Eltern, Lehrer und andere Erziehungsbeauftragte mehr denn je zusammenarbeiten und ihrem Erziehungsauftrag nachkommen.
Wenn es aber so weiter geht wie bisher, sehe ich schwarz für die Zukunft unserer Kinder und später Enkelkinder, und alle, die danach folgen. Denn die würden es dann nicht mehr anders kennen und einfach so weitermachen, wie es heute läuft. Eine Horrorvorstellung, vor der mir schon heute graust.
Es ist schon schlimm genug. Machen wir es nicht noch schlimmer, indem wir einfach resignieren und nichts tun. Das gilt nicht nur für die Politiker da oben, sondern gerade bei jedem Einzelnen, in den Familien, in den Schulen, überall.
Sonst ist es irgendwann wirklich zu spät, diese Entwicklung zu stoppen - dann nämlich, wenn wir alle im Grab liegen und unsere Nachkommen Säbel rasselnd darauf tanzen.
Frankensteins Kinder lassen grüßen!