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Tag: Arbeitspolitik

Neue Hartz IV Regelsätze und mein Senf dazu

Nach den neuen Hartz 4 Regelsätzen muss ein erwachsener Empfänger dieser Sozialleistung (das Wort an sich mag für die Betroffenen schon wie purer Hohn wirken) mit 364 Euro pro Monat auskommen. Jugendliche Hartz-IV-Empfänger ab 14 Jahre erhalten nun 287 Euro, Kinder im schulpflichtigen Alter 251 Euro und Kinder unter 6 Jahren 215 Euro.

Ich habe mal beispielhaft anhand meiner monatlichen Ausgaben ausgerechnet, ob und inwiefern ich im Bedarfsfall mit dieser für Erwachsene vorgesehenen Geldsumme auskommen würde. Meine einzelnen Zahlen, auf denen meine Berechnung gründet, nenne ich aus Datenschutzgründen natürlich nicht, zumal diese ohnehin individuell ausfallen. Darin berücksichtigt habe ich auf jeden Fall Lebensmittel, Haushalts- und Pflegeartikel, Internet und Telekommunikation, Mobilitätskosten (in meinem Fall "nur" ÖPNV - durch die Benutzung eines Fahrrads für kürzere Strecken ließe sich hierbei eventuell noch etwas Geld einsparen).

Mit all diesen regelmäßig benötigten Dingen käme ich auf ca. 360 Euro. Ohne zusätzliche Kosten, die ab und zu nun mal anfallen können, würde ich damit also durchaus hinkommen. Nun ist es aber so, dass ich gelegentlich auch neue Klamotten und Schuhe brauche, mich vielleicht auch mal weiterbilden oder eine kulturelle Veranstaltung (Museum, Ausstellung, darstellende Künste, etc.) besuchen möchte. Wenn ich Hartz 4 bekommen würde, würde das konkret gemäß meiner individuellen Beispielrechnung bedeuten, dass ich dafür die verbleibenden 4 Euro verwenden oder aber dieses Geld über einige Monate sparen müsste.

Was kann man mit 4 Euro machen? Ein einzelner Vortrag bei der VHS kostet bereits 4 Euro. Um einen kompletten Kurs zu besuchen, müsste ein Hartz IV Empfänger mit ähnlicher (bereits sparsam berechneter) Ausgabenstruktur wie ich mindestens etwa ein halbes Jahr sparen, für viele Kurse sogar noch mehr. Qualitativ hochwertigere, berufsbezogene Weiterbildungen könnte er oder sie sich wahrscheinlich gar nicht erst leisten. Ganz zu schweigen von teils kostenpflichtigen Hobbies wie etwa einer Vereinszugehörigkeit oder anderen Teilnahmemöglichkeiten am gesellschaftlichen Leben. Selbst Bücher / DVDs oder ein Büchereiausweis sind in Regel nicht kostenlos, sofern sie nicht in den wenigen, völlig kostenfreien Tauschbörsen oder Ähnlichem angeboten werden.

Nun haben Hartz IV Empfänger ja noch die Zuverdienstgrenze von 100 Euro. Bei allem, was darüber hinausgeht, dürfen sie nur 20% vom Bruttoeinkommen, bei höheren Einnahmen sogar noch weniger, davon für sich behalten. Gesetzt den Fall, sie verdienen mit einer Tätigkeit - bei ergänzenden Kapitaleinnahmen wäre diese Grenze noch viel schneller erreicht - maximal diese 100 Euro (und keinen Cent mehr!), reicht dieses Geld vielleicht gerade mal aus, um die verschlissenen Kleidungsstücke durch ein paar neue zu ersetzen oder aber zusätzliche Kosten zu decken, die nicht jeden Monat, aber doch ab und zu anfallen.

Für Freizeit oder gar einen Urlaub, der über einen Kurztrip oder Tagesausflug hinausgeht, bleibt da nichts mehr übrig. Und wie machen es eigentlich diejenigen unter den Sozialhilfebedürftigen, welche ein Auto besitzen? Ein PKW - und sei es ein noch so einfacher, gebrauchter Kleinwagen ohne zusätzliche Features - kostet nicht nur Sprit (obwohl allein schon die schwankenden Benzinpreise einem Hartz 4 Empfänger finanziell an seine Grenzen bringen könnten), sondern auch TÜV- und Wartungskosten sowie Steuern, vom Wasser- und Stromverbrauch für die Pflege ganz zu schweigen. Passiert dem Betroffenen auch noch ein Unfall - was verhütet werden möge, aber manchmal geschieht es eben trotz aller Vorsicht - wäre das ganz ungünstig.

Kehren wir noch mal zur Zuverdienstregelung zurück. Mal ehrlich: Wer würde schon für 100 Euro, von denen obendrein noch Teile der Hauptkosten gedeckt werden müssten und am Ende somit auch nicht allzu viel übrig bliebe, arbeiten? Oder für noch weniger, falls der Bruttoverdienst darüber läge und das Meiste folglich von der Behörde geschluckt würde? Ich muss ehrlich sein: Für mich wäre das keine schöne Aussicht geschweige denn eine Motivation, wenn ich davon betroffen wäre. Und dann wirft man Hartz 4 Empfängern noch pauschal vor, sie würden nicht WOLLEN. In Wahrheit rackern sich viele sicherlich ab, um gerade mal davon leben zu können - und vielleicht endlich mal aus diesem Armutskonzept namens Hartz 4 herauszukommen! Andererseits wird einem auch verständlich, dass einige nach vielen, als vergeblich empfundenen Mühen, aus dieser Mühle herauszukommen, verzweifelt resignieren.

Und: Was nützt die Möglichkeit der Bildung, wenn jemand sie sich nicht leisten kann? Man kann keinem Hartz 4 Empfänger vorwerfen, er würde sich nicht weiterbilden, beispielsweise um seine Chancen zu erhöhen, wenn das Geld, das ihm zur Verfügung steht, gerade fürs Lebensnotwendigste reicht, und man ihm obendrein noch einen Großteil der selbst meist hart verdienten Euro wegnimmt, die er ansonsten vielleicht genau darin investieren könnte!

Vielleicht sollte das Recht auf Bildung im Grundgesetz verankert werden - dann würde sich an den Rahmenbedingungen womöglich endlich etwas verbessern.

Karin 27.02.2011, 16.53 | (0/0) Kommentare | PL

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