Heute Nachmittag war ich für punkt 14.00 Uhr als Bewerbungskandidatin zu einem Gruppenauswahlgespräch für ein Kölner Callcenter geladen. Es ist in vielerlei Hinsicht nicht so verlaufen, wie ich es mir erhofft hatte.
Selbstverständlich hatte ich in Bezug auf die Anfahrtszeit eine halbe Stunde Pufferzeit eingeplant - man weiß nie, was einem dazwischen kommen kann, und das Suchen nimmt schließlich trotz allem auch erfahrungsgemäß etwas Zeit in Anspruch, wenn man sich an dem entsprechenden Ort nicht gerade blind auskennt. Und die Anfahrtsskizze auf der Firmenwebsite hatte ich natürlich auch dabei. (Im Nachhinein ist mir eingefallen, dass ich vielleicht doch vorsichtshalber hätte daran denken sollen, die Telefonnummer mitzunehmen.)
Genau hierbei fing die erste Irritation an: Auf dem Plan war der rote Punkt = Standort des Unternehmens nämlich ganz in der Nähe, an der nächsten Kreuzung hinter der U-Bahnhaltestelle, markiert. In Wirklichkeit war es aber noch ein Stück die Straße hinunter zu laufen, was eine Auskunftsbefragung bei einem Mitarbeiter in der nächstgelegenen Kampsbäckerei ergab. (An Straßenschildern konnte ich mich nicht orientieren, da in Köln nicht alle Straßen und nicht an jeder Abzweigung beschildert sind.)
Als ich schließlich auf dem richtigen Weg war (während die Zeit noch schneller voranschritt als ich) fiel mein Blick auf einen Gebäudekomplex. Blick auf die Hausnummer: Stimmt. Jetzt muss ich nur noch die richtige Tür finden! Ich nähere mich der erstbesten Tür, lese die Klingelschilder: Hier ist es nicht. Nächster Eingang: Auch nicht. Und so fort drehe ich meine Runde, bis ich es an der letzten Tür plötzlich vor mir sehe. Endlich! Nur leider zehn Minuten zu spät! Zu allem Überfluss tut es die Klingel auch erst beim dritten Mal, und der Zeitraum, bis der automatische Türöffner surrt, kommt mir in meiner Lage auch ewig vor.
Nun reingegangen - zum Glück ist der Aufzug sofort da; ich hätte nämlich jetzt wirklich keine Lust, fünf Etagen hochzuschnaufen.
Nun bin ich drinnen und betrete den Konferenzraum, in dem das ganze Prozedere stattfindet - Vorstellungsrunde ist schon gewesen, mein Part dazu wird dann irgendwo dazwischen eingefügt. In der Aufregung stolpere ich natürlich mehrmals über meine eigenen Worte, was schon allein für sich gesehen nicht gerade einen guten Eindruck machen muss - erst recht für einen solchen Job. Und meine spontane Antwort auf die Frage: »Was muss passieren, damit Sie bei einem Telefongespräch mit einem Kunden aus der Fassung gebracht werden?« (In Kurzform etwa: »Nichts. Ich bleibe immer ruhig und sachlich.«) muss vor diesem Hintergrund wohl total unglaubwürdig geklungen haben - und zwar, obwohl das im normalen Berufsalltag durchaus zutrifft.
Nächste Hürde: Das Telefon-Rollenspiel, das jeweils zwei Bewerber durchführen, während der Rest draußen den üblichen Bewerberfragebogen ausfüllen (wobei ich bei der letzten, gemeinen, Frage, die da lautete: »Weshalb sollten wir Sie NICHT einstellen?« am meisten gegrübelt habe, was ich da hinschreiben soll!). Vor dem Rollenspiel gibt es für jeden einen Zettel mit Infos zu der auszuführenden Rolle. Als mein Gesprächspartner früher mit Durchlesen fertig ist als ich, werde ich schon wieder nervös: Wie soll ich mir all diese Fakten in der kurzen Zeit merken und mich dann noch in meine Rolle hineindenken? Ich lese mir schnell alles noch einmal durch, vergesse es wieder und beschließe, dass ich die Leute nicht länger warten lassen will (obwohl die sich geduldig zeigen und außerdem in Wahrheit wohl kaum mehr als 15 Sekunden vergangen sein müssen).
Also Sprung ins kalte Wasser. Beim ersten Anlauf gerate ich schon nach dem ersten Satz ins Stocken und vergesse in dem Psychostress das Wichtigste. Zweiter Versuch: Gute Idee für einen Anfang, die aber wieder im mentalen Chaos untergeht: Wie war das noch mal? Dritter Anlauf: Dasselbe in Grün. Als die Pause immer länger wird, werde ich »erlöst«.
Tja, ich bin halt nicht gut im Improvisieren von künstlichen Gesprächssituationen, das weiß ich jetzt noch deutlicher als zuvor. Trotzdem: Die Erfahrung war es wert, denn nur daraus wird man letztlich klug. Und schließlich: Nun weiß ich mit Sicherheit, welche Tätigkeit ich ganz klar für mich ausschließen kann. Denn unter den Umständen, wie sie mir passiert sind, brauche ich mir bestimmt keine Hoffnungen dort mehr zu machen.
Danach stand noch ein simpler Rechtschreibtest an, bei dem man in einem kurzen Text die dümmsten Fehler korrigieren musste. Zuletzt wurden noch ein Vortrag über das Unternehmen und seine Struktur gehalten, wovon ich einige Infos bereits von der Website kannte, sowie konkrete Fragen von uns Bewerbern beantwortet.
Warum ich hier so offen über meine Pleiten und Pannen auf der Suche nach Arbeit erzähle? Nun, ich möchte eben verdeutlichen, dass ich auch kein perfekter Mensch bin, sondern im Gegenzug voller Makel stecke, die ich täglich bekämpfen bzw. schrittweise minimieren muss. Doch letztendlich bin ich auch froh, diese Fehler zu machen und sehe auch etwas Positives darin, dass ich sie teils bis ins Detail bewusst durchlebe - denn nur so kann ich am Ende wirklich daraus lernen bzw. meine Schlüsse daraus ziehen.
Wer keine Fehler macht (dieser Mensch muss erst noch gefunden werden), der kann sich auch nicht weiterentwickeln.
Auch wenn einige meine Fehler (Umstände hin oder her) manchmal dumm erscheinen mögen, so gibt es eines zu bedenken: Ein Mensch ohne Fehler könnte niemals schlauer werden! (Und wer weiß: Vielleicht wird derjenige, der die meisten Fehler macht und diese konstruktiv verarbeitet, eines Tages den klug daherredenden Schlauberger, der alles besser zu machen glaubt, in punkto Lebensweisheit um Meilen überholen.)
Vielleicht machen mein Zeilen auch denjenigen unter Euch Mut, die zur Zeit in einer ähnlichen Situation sind wie ich: Tröstet Euch; es könnte schlimmer kommen!
Wichtig ist nur, niemals aufzugeben, aufrechten Ganges weiterzugehen und mit jeder Bewerbung ein Stück selbstbewusster zu werden! Irgendwann denkt man sich: Wenn die mich nicht haben wollen - Pech gehabt! Die nächste Chance wartet schon!
Ich selbst bin immer noch überzeugt, dass aus einer dieser Chancen eines Tages Realität werden wird. Deshalb mache ich einfach weiter.
Karin