Seit 2,5 Monaten streitet man sich in Belgien um die Regierungsbildung. Zurzeit ist das Land also regierungslos, und es ist noch nicht abzusehen, wie das Ganze ausgehen wird.
Hier erstmal ein paar Links zur Hintergrundinfo:
Gescheiterte Koalitionsverhandlungen (tagesschau.de)
König sucht einen Ausweg (abendblatt.de)
Rücktritt Leterme (kurier.at)
Dass der Konflikt zwischen Flamen und Wallonen sich irgendwann wieder
zuspitzen würde, und dass gerade solche "großen" zu treffenden
Entscheidungen ihn plötzlich verstärkt wieder aufleben lassen, war
klar. Zumal ich den Eindruck habe, dass die Gräben sich mit jedem
Streit eher noch vertiefen, als dass Versuche unternommen werden, sich
einander anzunähern.
Jede Seite beharrt stur auf ihrem Standpunkt, es wird keine Möglichkeit
ausgelassen, auf uralte (und teils noch aktuelle) Ungerechtigkeiten der
anderen Seite hinzuweisen.
Tja, wenn das so ist, wenn sie tatsächlich nicht in der Lage sein
sollten, sich zu einigen, und wenn die Unterschiede wirklich größer
sind als die Gemeinsamkeiten und so unüberbrückbar, wie es offenbar
hochgehalten wird - dann haben wir wohl bald zwei neue Staaten in Europa:
Wallonien und Flandern. Die heutige deutschsprachige Gemeinschaft würde
man dann wohl noch mit in die Wallonie stecken, weil sie wohl als
eigenständiger Kleinstaat weder politisch noch finanziell stark genug
wäre.
Und Brüssel? Würde wohl aufgeteilt. Eine Hälfte Wallonisch, die andere Flämisch. Und selbst wenn nicht überall Schilder aufgehängt würden: "Sie betreten nun flämischen / wallonischen Boden", wäre die Wand in den belgischen Köpfen allgegenwärtig.
(Ich schreibe bewusst: "
Wand" und nicht "Mauer", um keine falschen Vergleiche mit der deutschen Geschichte zu schüren - denn während die Mauer in den deutschen Köpfen eine
Folge der unterschiedlichen Systeme war, in denen die Menschen aufwuchsen, und nicht zuletzt eine Folge der tatsächlichen Mauer, ist die Wand in den belgischen Köpfen die
Ursache von deren Konflikt.)
Jedenfalls graust mir vor so einem Szenario.
Und als EU-Hauptstadt hätte Brüssel unter solchen Umständen natürlich
ausgedient. Die müssten dann alle nach Straßburg umziehen... wobei
Letzteres ja vielleicht noch eine gute Idee wäre. Ich frage
mich schon lange, warum die EU-Politik an zwei unterschiedlichen Orten
stattfinden muss - die EU-Abgeordneten und Mitarbeiter müssen so immer
wieder zwischen beiden hin- und herpendeln, und schon allein die
Kosten, die damit verbunden sind, wären doch eigentlich nicht nötig,
oder?
Aber zurück zu Belgien.
Wie geht's nun weiter? Werden sich die Beteiligten auf eine gemeinsame
Lösung einigen können? Schwierig, wo ja ein und dieselbe Partei in
jeder Region andere Interessen verfolgt.
Wallonen und Flamen werden begreifen müssen, dass eine echte Lösung
für Belgien nur gefunden werden kann, wenn der Konflikt beigelegt wird. Aber danach sieht es im Moment nicht aus... Hm.
Wie wär's, wenn die DG, die bei dem ganzen ja mehr neutral zuguckt (bei
einer Teilung Belgiens aber genauso betroffen wäre! - möge uns so eine
Teilung erspart bleiben),
schlichtend
eingreifen? Ja, ich finde, die sollten sich nicht (bloß, weil sie eine
Minderheit sind und meinen, nichts ausrichten zu können, vielleicht
sogar fürchten, sich damit den Zorn beider Streithahnvolksgruppen
zuzuziehen) wegducken, sondern versuchen, als Schlichter aufzutreten.
Vielleicht wäre das eine Chance, das Blatt zum Positiven zu wenden! Bevor es zu spät ist.