Blogeinträge (Tag-sortiert)

Tag: Kultur

Schöne Seltenheit!

Ratet mal, welche Ãœberraschung mich diesmal in meinem Briefkasten erwartete?
Eine Postkarte aus Iran!!! Hier:

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Es zeigt die Ruinen eines Palastes auf dem historischen Ruinenfeld von Persepolis; laut der Erläuterungen auf der Postkarte hat anno dazumal der persische Herrscher Darius III in diesem 2600 Jahre alten Gebäude residiert.
Die Postkarte selbst stammt aus Shiraz, das sich irgendwo in derselben Region befindet wie das Motiv.

Hach, für solche Raritäten mag ich Postcrossing gleich noch ein bisschen mehr. :-)

Was mich aber als schönen Zufall persönlich besonders an dieser Postsendung verblüfft und bewegt hat war die Tatsache, dass die Straße des Absenders denselben Namen trägt wie eine ehemalige Internatskameradin, die ebenfalls Iranerin ist, aber eine sehr westlich geprägte (weil in Europa aufgewachsen) und sehr individuell und liberal denkende Iranerin.
Ich habe sie seither nur ein einziges Mal, und auch das rein zufällig, wiedergesehen, als ich mich noch in meiner Ausbildung in der bekannten Domstadt befand. Danach nicht mehr. Ich weiß überhaupt nicht, was sie jetzt macht, ob sie sich immer noch in ihrem Studium befindet oder etwas ganz anderes.

Tja, so trennen sich die Wege von Menschen immer wieder im Leben. Doch manchmal wird man durch irgendeinen Auslöser wieder an sie erinnert, und man fragt sich, was aus den Leuten wohl geworden sein mag.
Letztlich ist es das Einzige, was Bestand hat, abgesehen von der Familie und einigen wenigen Menschen (meist solche, mit denen man irgendwas aufbaut): Die Erinnerung. *seufz*
Dennoch möchte ich meine Multi-Kulti- Bekanntschaften aus der Zeit und überhaupt nicht missen.

Karin 21.03.2007, 14.42 | (3/3) Kommentare (RSS) | PL

Ein Engländer in Paris (von Stephen Clarke)

Dieses Buch habe ich schon vor einer Weile ausgelesen, war aber bisher noch nicht dazu gekommen, es vorzustellen:


Klappentext

Paul West, ein junger Engländer, kommt für seinen neuen Job in die französische Hauptstadt und findet heraus, wie die Franzosen wirklich sind: Sie essen Unmengen Schimmelkäse, misstrauen allen, die nicht französisch sprechen, und - oui, sie küssen sich den ganzen Tag! Dieser Bestseller ist ein zum Kaputtlachen komischer Bericht über die Freuden und Qualen eines verliebten Engländers in Paris.


Bewertung

Ich war total begeistert von dem Buch! Wie der fiktive Ich-Erzähler Paul von einem französischen Fettnäpfchen ins andere stolpert und dabei so einiges erlebt (die Geschichte findet irgendwo hinter der ersten Hälfte auch einen gelungenen kritisch-inhaltlichen Höhepunkt, den ich aber nicht verraten möchte - selber lesen ;-)) - es war richtig erfrischend, das zu verfolgen.
Auch lässt er sich durchaus als humorvoller und unterhaltsamer Ratgeber lesen, worauf man achten sollte, sofern man selber einmal in die Situation kommt, wo man beruflich in diesem Land und insbesondere in der Stadt der Liebe weilt.


Textauszug

"Am dritten Morgen endlich, nach einer wahren Kletterpartie über Berge aufgeweichter Kartons und zertretener Blumenzwiebeln, nachdem ich mich wie ein Storch im Salat zwischen rollenden Getränkedosen und umherflatternden Zeitungen gekämpft hatte*, glühten mir vor Stolz die Ohren, als man mir zu Qualität und Quantität der vorgelegten Papiere gratulierte. Ich erhielt Erlaubnis, die verbotene Tür zu passieren, und gelangte in einen typischen nüchternen Warteraum. In einer offenen Spirale, einem Schneckenhaus nicht unähnlich, zogen sich Bearbeitungsschalter an drei Wänden entlang. Vor den Schaltern standen Stühle, die zu etwa einem Drittel von erschöpft aussehenden Aspiranten auf eine carte de séjour besetzt waren. Einige sahen in ihren Anzügen genauso aus wie ich. Andere Versionen von mir trugen Rock. Ich fragte mich, wieviel arbeitsfreie Tage unsere Arbeitgeber das insgesamt wohl kostete.
Es gab auch ein Häuflein Chancenloser. Diese Leute sahen aus, als wollten sie jemanden davon überzeugen, dass die EU bereits 15 weitere Mitgliedsstaaten aufgenommen hatte. Das mag vielleicht ras.sistisch von mir klingen, ich lag aber sicher kaum daneben, der Auseinandersetzung von Schalter sechs nach zu urteilen.
"C'est l'Europe, non?" rief aufgebracht ein Mann mit schwarzem Schnurrbart. "Je suis Européen, moi!"
Der Blick der Beamtin hinter der Panzerglasscheibe wurde hart. Die Frauen an den Schaltern fünf und sieben unterbrachen die Abfertigung und beugten sich zur Unterstützung ihrer Kollegin um die Trennwand herum. Ein Hagelschauer einsilbiger Wörter prasselte gegen die Trennscheibe.
"Eh oh!"
"Ho lá. Eh!"
"Non, mais je suis Européen, moi! Merde!"
Das fatale Wort hatte einen magischen Effekt.
"Oh!" Die Frau, über die er sich aufregte, schob ihm seine Papiere unter dem Glas hindurch zu und sagte, er solle gehen. (...)

Kaum 24 Stunden später war ich schon an der Reihe. Ebenfalls Schalter sechs. Der Todesschalter. Ich presste zuversichtlich ein bonjour heraus (aber ohne zu viel zu lächeln), versuchte mein Bestes, europäisch auszusehen, und schob ihr mit einem Stoßgebet den Papierstapel hin.
Die Frau hakte jedes meiner Dokumente auf einer Liste ab, die sich auf der Innenseite einer rosa Aktenkladde befand. Als sie zu meinen Fotos kam, schürzte sie die Lippen.
"Sie hätten die Fotos ausschneiden sollen." sagte sie.
"Aha," sagte ich (und dachte: "Aaarrggghhh!")."
...

* Dies alles, weil zu dem Zeitpunkt mal wieder ein Streik, in diesem Fall durch die Müllmänner, im Gange ist - Anm. der Zitierenden.

Karin 17.03.2007, 02.45 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

KulturBildungstipp

Geschichte der Juden in 5 Teilen auf ARTE.
Im Moment läuft noch bis 16.50 Uhr die Wiederholung des 2. Teils.
Heute ab 20.40 Uhr gibt es die restlichen 3 Teile zu sehen.
Sehr interessant und empfehlenswert!

PS: In verschiedenen NRW-Städten (beispielsweise Köln, Düsseldorf, Bonn, Aachen, Krefeld, ...) sind zurzeit auch die jüdischen Kulturtage mit vielen Veranstaltungen.

Karin 07.03.2007, 15.53 | (0/0) Kommentare | PL

Neue Serie

"Türkisch für Anfänger", ab Do. 08.03. im ARD.
Ich für meinen Teil bin sehr gespannt! Sicherlich wird es sehr interessant und auch einiges zum Lachen geben.

Grober inhaltlicher Umriss und Einführung:
Die Psychotherapeutin Doris verliebt sich Hals über Kopf in den türkischen Kripobeamten Metin und zieht mit Kind und Kegel mit ihm zusammen. Klar, dass das einige Turbulenzen und Missverständnisse im Alltag nach sich zieht. Ob sie es wohl schaffen werden, allein die kulturellen Unterschiede zu überbrücken bzw. in dieses alltägliche Leben zu integrieren?
(Rein rhetorische Frage, denn wenn es ihnen nicht gelingen würde, gäbe es ja keine zweite Staffel... ;-) Ich wollte es nur ein wenig spannend und damit diesen persönlichen TV-Tipp noch etwas schmackhafter machen)

Wer übrigens die ersten paar Folgen verpasst: am Sonntag werden die ersten vier Folgen ab 16.20 Uhr auf EinsFestival (zumindest die "digitalen" Fernsehzuschauer - ich weiß nicht, ob der Sender auch normal empfangen werden kann) wiederholt.
Sehr gut, denn da ich am Donnerstag Abend sicherlich nich daheim vor der Glotze sein werde, würde mir sonst gleich die erste Folge entgehen. Nicht, dass mir das viel ausmachen würde - zumal ich sowieso allgemein nicht so der Fernsehnarr bin und auch gern ab und zu mal etwas mit Freunden unternehme, so dass die Kiste getrost ausbleibt, was sie auch in meiner Anwesenheit oftmals tut - aber diese eine Serie interessiert mich wirklich. Und das mich, die ich eigentlich nicht so ein Serienfan bin (von ein paar Ausnahmen abgesehen, die ich aber auch nicht regelmäßig gucke).

Karin 06.03.2007, 16.59 | (0/0) Kommentare | PL

Ehrlich gesagt:

Wenn DAS die einzige Alternative zur bestehenden Regierungsform in Nepal darstellen würde, wäre ich als Nepalese (also wenn ich einer wäre) dafür, doch lieber die Monarchie beizubehalten. Auch um den Preis, mangels demokratischer Voraussetzungen als einfacher Bürger nichts zu sagen zu haben. Es wäre das kleinere Übel gegenüber der Gefahr, niedergemetzelt zu werden, weil ich nicht die Meinungen des Anführers vertreten würde.
Aber es ist ja nichts Neues, dass potentielle Machthaber (gleich ob sie nun kommunistisch sind oder nicht) die Verhältnisse im Land, unter denen die Menschen leiden, für ihre Zwecke ausnutzen.
Genauso wie es ein typisches Verhaltensmuster der Politik ist, dass bestimmte Missstände (neben chronischer Armut der Bevölkerung nicht zuletzt auch unterdrückte Minderheiten, wie in diesem Fall die Madheshis) immer erst zu spät entdeckt werden - zu spät, das heißt erst dann, wenn die Menschen ganz schön sauer reagieren und sich andererseits auch bestimmte Gruppen diese Wut zunutze machen, um sich im ziemlich eindeutigen Bestreben zum nächsten Regime emporzuschwingen.

PS: Es ist auch ein Thema im heutigen ARD-Weltspiegel, der gleich um 19.20 Uhr beginnt. Wer sich dafür interessiert, aber die Sendung aus irgendwelchen Gründen verpasst, kann entweder früh aufstehen und die Wiederholung um 04.50 Uhr gucken, oder etwa die von morgen um 10.35 Uhr im WDR (oder heute um 20.35 Uhr auf EinsExtra, bzw. um 01.30 Uhr auf RBB).

Karin 04.03.2007, 19.11 | (0/0) Kommentare | PL

Tea-Bag

von Henning Mankell.

Inhalt

Die Geschichte startet in einem Flüchtlingslager in Südspanien, in dem Tea-Bag gelandet ist, nachdem das Fluchtschiff aus Afrika vor der spanischen Küste gekentert ist. Als sie dort von einem schwedischen Journalisten über die Lebensverhältnisse im Lager interviewt wird, wird ihr klar, welches fortan ihr Ziel ist: Sie will nach Schweden. Eines Tages gelingt ihr sogar die Flucht, und eine beschwerliche Odyssee quer durch Europa beginnt.

In Schweden hat der Dichter und Schriftsteller Jesper Humlin seine eigenen Sorgen: Seine Beziehung zu der Krankenschwester Andrea befindet sich in einer Krise, sie setzt ihn unter Druck, weil sie ein Kind von ihm will, er aber nicht von ihr; zusätzlich verlangt sein Verleger von ihm, dass er einen Kriminalroman schreiben soll, weil sein jährlicher Gedichtband sich nicht mehr gut verkauft, während er sich weigert, diesen Krimi zu schreiben; mit seiner Mutter versteht er sich nicht wirklich besonders gut... außerdem steht seine finanzielle Situation auf der Kippe, da seine Aktien immer weiter in den Keller rutschen und sein Aktienberater ihn bewusst schlecht berät...
Und nun soll er auch noch einen Schreibkurs für eingewanderte Frauen durchführen, die sich illegal in Schweden aufhalten und die offenbar schreiben lernen wollen, um ihre Geschichte zu erzählen. Zunächst widerwillig erklärt er sich dazu bereit, und so lernt er auf dem ersten Schreibkurs, der in dem Boxklub seines ehemals besten Freundes stattfindet, Tea-Bag, die Russin Tanja und die etwas mollige Iranerin Leyla kennen.

Obwohl der Schreibkurs nicht so verläuft, wie Jesper Humlin es sich vorgestellt hat - beim ersten Kurs schreiben viele gar nichts und einige nur drei Sätze auf, und er muss eine Ohrfeige einstecken, weil er einem der Mädchen wohlwollend die Wange gestreichelt hat.
Aber dann fangen sie eine nach der anderen an zu erzählen; und was sie erzählen, hat es in sich und geht wirklich unter die Haut. So erfährt er allmählich immer mehr über die Schicksale dieser drei Frauen, und baut sich allmählich jeweils ein Bild auf, das dennoch nie vollständig abgeschlossen ist und jedes Mal neue Fragen aufwirft...

Fazit

Das war der bisher beste Afrikaroman (wenn auch einer, der in Schweden spielt, und nicht nur ein Afrikaroman, weil ja die Schicksale von Menschen mit verschiedener Nationalität miteinander verbunden werden), den ich von Mankell gelesen habe. Sehr einfühlsam geschrieben, konnte ich mich sehr gut in die Lage der Hauptpersonen hineinversetzen.
Der Erzählstil, wo die Geschichten bewusst jedes Mal unvollendet bleiben und viele Fragen offen lassen, bringt die Handlung voran und macht sehr neugierig auf das Weiterlesen, so dass man das Buch am liebsten nicht mehr aus der Hand legen möchte.
Auch hat es mir sehr viel zum Denken gegeben und wird sicherlich noch lange in meinem Herzen widerhallen.

Karin 25.02.2007, 22.49 | (0/0) Kommentare | PL

Finnische Kunst

Der finnische Maler Kaj Stenvall ist berühmt für seine stimmungsvollen wie einfallsreichen Entenbilder.
Einfach geil! Aber seht selbst. :-)
(Ähm... wie ich auf den kam, könnt Ihr Euch sicherlich denken. Aber toll!)

Karin 21.02.2007, 15.38 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

De Zoch

... kütt war da! Natürlich am Sonntag auch hier in Düren - was dachtet Ihr denn? :-)
Und jetzt sind auch die Fotos endlich gesichtet und archiviert. Obwohl es ziemlich bewölkt (aber trocken) war, sind die meisten Bilder doch gar nicht so schlecht geworden. Hier einen kleinen Eindruck von der bunten Vielfalt, die es an diesem Ort zu sehen gab.

Süße Früchtchen vom ansonsten eher bescheidenen Karnevalszug in unserem Vorort (praktisch nur wenige Schritte vor unserer Haustür):
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Und nun einige Bilder von dem Zug in der Innenstadt, der dieses Jahr (wie noch zu sehen sein wird) im wahrsten Sinne des Wortes - unter anderen Verkehrsmitteln - ganz im Zeichen des Zuges stand.

Motorisierter indianischer Vorspann:
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Einige "Bayern" durften natürlich nicht fehlen.
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Na, welchem Schiff leuchteten diese Leuchttürme wohl den Weg?
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Vielleicht dieser "Yellow Submarine" hier?
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Auch Indianer können beizeiten ganz tolle "Gassenhauer" sein. :-)
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Noch ein paar (andere) Indianer.
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"Mer losse de Dom in Kölle de Eifelturm NICHT in Paris"... (und nebenbei den Dom auch nicht in Kölle - am vergangenen Sonntag wandelte der nämlich auch auf ähnliche Weise, nur eben noch prächtiger gestaltet, mitten zwischen diesen rosaroten "Schweinen", durch die Dürener Innenstadt. :-)
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Tüt-tüüüüüüüüt... (nein, der hier machte eigentlich keine Geräusche, aber das passt grad so schön)
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Und nun mal ein anderes Fortbewegungsmittel - auch Nostalgie pur!
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Aber JETZT kommt der spektakuläre Höhepunkt...
... etwas für echte Eisenbahn-Fans und -nostalgiker...
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Leider ist das Bild etwas unscharf geworden - doch den Prinzenzug wollte ich Euch dennoch nicht vorenthalten. :-)

Danach war natürlich für mich noch lange nicht alles vorbei mit dem Karneval... Einiges vom Zug habe ich dann an anderer Stelle noch einmal gesehen, und auf dem Marktplatz, wo der Zug auch vorbeifuhr, war eine große Tribüne mit musikalischer und unterhaltender Untermalung aufgebaut... Süß fand ich auch, wie manche kleine Kinder als Elefanten, Pandabären und Elche verkleidet auf den Rücken ihrer Väter den vorbeiziehenden Konvoi betrachteten... Ich sah sehr viele bunte und einfallsreiche Kostüme, obwohl insgesamt die Leute weniger farbig verkleidet waren als in den vorigen Jahren...

Dann habe ich noch einige Leute getroffen und neu kennen gelernt, war nach dem Zug noch kurz mit einigen Menschen im Haus der Stadt, und später habe ich noch in der Innenstadt weitergefeiert...

Es war einfach ein klasse Tag. Vor lauter unterhalten und tanzen bemerkte ich kaum, wie die Zeit verging. Und als ich um ca. 7.30 Uhr montagmorgens wieder zu Hause war, war ich wirklich müde und erschöpft, aber glücklich.
Zum Rosenmontagszug im Nachbarort bin ich dann allerdings doch nicht gegangen... den habe ich verpennt, aber das macht nichts. So bin ich wenigstens heute fit und konnte früh aufstehen. Und auch der bis in die Knochen spürbare Muskelkater (nur Muskelkater, kein anderer! ;-)), weil man es ja nicht so gewöhnt ist, schwindet allmählich dahin.

Karin 20.02.2007, 12.15 | (5/4) Kommentare (RSS) | PL

Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran

Inhalt:
Der 11-jährige jüdische Junge Moses führt kein leichtes Leben: Dem Vater, ein arbeitsloser Rechtsanwalt, der sich verbittert hinter seinen Büchern verschanzt und ihn dauernd mit Moses' unbekanntem Bruder Popol vergleicht, kann er es niemals recht machen. Und das, obwohl Moses ihm den ganzen Haushalt ganz alleine führt, täglich für sie beide einkauft und sein Essen kocht. Seine Mutter ist fortgegangen, als er noch so klein war, dass er sich kaum mehr an sie erinnert.
Als Moses sein Sparschwein schlachtet, um es für ein wenig Vergnügung auszugeben anstatt es zu sparen, gefällt das dem Vater nicht ganz so gut. Außerdem ist er sehr misstrauisch und bezichtigt seinen Sohn des Geldstehlens.
Wenn er schon des Klauens bezichtigt wird, denkt sich Moses daraufhin, warum sollte er es nicht tatsächlich tun. Also lässt er jedes Mal, wenn er in Monsieur Ibrahims Laden einkaufen geht, eine Konservendose mitgehen. Schon bald stellt sich heraus, dass der gute Mann, der die Ruhe selbst zu sein scheint, das sehr wohl bemerkt.
Und mit der Zeit entspinnt sich ein interessanter Dialog zwischen ihnen, der meist nur aus wenigen Sätzen besteht, aber umso tiefgründiger ist. So erfährt er beispielsweise, dass Monsieur Ibrahim eigentlich gar kein Araber ist, sondern Türke, dass er, obwohl er Moslem ist, Alkohol trinkt, da das im Sufismus, einer mystischen / philosophischen Richtung des Islam, die den Schwerpunkt nicht auf den Legalismus (islamisches Recht) legt, offenbar nicht verboten ist. Auch zeigt sich, dass dieser Mann ein sehr verschmitztes Kerlchen ist, der seinen Charme clever einzusetzen weiß, um seine Ziele zu erreichen.
Es entwickelt sich eine richtige Freundschaft zwischen ihnen, und als Moses Lebenssituation sich schlagartig verschlechtert, erweist es sich, dass auf Monsieur Ibrahim absolut Verlass ist und er sich ungefragt sehr gut um ihn kümmert. Nach einer abschließenden Reise in die Heimat Monsieur Ibrahims, wo er auch dessen besten Freund kennen lernt und eine Art Tanz lernt, der an einem Ort getanzt wird, den man "Tekke" nennt, und der zugleich so etwas wie ein Gebet ist, wird sich sein Leben für immer zum Positiven verändern...

Textauszug:
"M'sieur Ibrahim, wenn ich sage, dass das Lächeln etwas für reiche Leute ist, dann will ich damit sagen, dass es nur was für glückliche Leute ist."
"Na, da irrst du dich aber. Es ist das Lächeln, das glücklich macht."
"Quatsch."
"Versuch's."
"Quatsch", sage ich.
"Bist du höflich, Momo?"
"Muss ich sein, sonst krieg ich was hinter die Löffel."
"Höflich sein ist gut. Freundlich sein ist besser. Versuch es mal mit einem Lächeln, und du wirst sehen."
Nun, wie auch immer, wenn man nett darum gebeten wird von Monsieur Ibrahim, der mir ein Büchse Sauerkraut allerfeinster Qualität rüberschiebt, warum es dann nicht versuchen...
Am nächsten Tag benehme ich mich wie ein Blöder, als ob mich in der Nacht etwas gestochen hätte: Alle und jeden lächle ich an.
"Nein, Madame, ich bitte um Entschuldigung, die Aufgabe in Mathe habe ich nicht verstanden."
Zack: Lächeln.
"Ich hab sie nicht geschafft!"
"Gut, Moses, ich werde sie dir noch einmal erklären."
Noch nie erlebt. Kein Anschnauzer, kein Tadel. Nichts.
In der Schulkantine...
"Könnte ich noch ein bisschen Maronencreme haben?"
Zack: Lächeln.
"Ja, mit einem Klacks Quark..."
Und ich krieg's.
Beim Sport gebe ich zu, dass ich meine Turnschuhe vergessen habe.
Zack: Lächeln.
"Sie müssen noch trocknen, M'sieur."
Der Lehrer lacht und klopft mir auf die Schulter.
Ich bin wie im Rausch. Keiner kann mir widerstehen. Monsieur Ibrahim hat mir die wirksamste aller Waffen gegeben. Ich befeuere die ganze Welt mit meinem Lächeln. Ich werde nicht mehr wie Ungeziefer behandelt.
(c) Eric-Emmanuel Schmitt

Fazit:
Ein klasse Buch, das beispielhaft für den Brückenschlag zwischen den Kulturen sein könnte. Mit einfachen Worten werden Weisheiten angesprochen, die für das Leben wesentlich sind. An vielen Stellen - vor Allem denen, in denen es zu grotesken, nicht sehr realistischen Situationen kommt - hat es mich zum Schmunzeln angeregt. Es kommt aber bei dem Buch nicht darauf an, ob es realistisch ist und ob sich bestimmte Leute tatsächlich so leicht um den kleinen Finger wickeln ließen, wenn man ihnen Ähnliches erzählen würde (zum Beispiel die Sache mit dem "Führerschein" :-) ). Auf die Aussage kommt es an. Auf die "Seele" des Buches. Also, es hat mich bewegt und es wird mich sicher noch lange gedanklich begleiten. Ich habe es ins Herz geschlossen, und daher möchte ich es Euch besonders an Selbiges legen.

Karin 11.02.2007, 21.51 | (0/0) Kommentare | PL

Es geht IMMER aufwärts!

Irgendwo stieß ich auf den Ausdruck "Spiral Dynamics". Natürlich wollte ich gleich darauf wissen, was sich dahinter verbirgt. Bei Wikipedia wurde ich schnell fündig.

Das Prinzip dieser Denkrichtung ist eigentlich ganz einfach und auch historisch-evolutionär nachvollziehbar:

Ausgegangen wird hier davon, dass die menschliche Natur nicht von Vornherein festgelegt ist, sondern er sich von Grund auf erst so weit entwickeln musste, um zu dem zu werden, der er heute ist (und später vielleicht sein wird).

Diese Entwicklung vollzieht sich in verschiedenen Stufen / Entwicklungsmodellen, die jeweils aufeinander aufbauen. Diese Stufen werden "Meme" genannt, womit in Bezug auf die kulturelle Entwicklung des Menschen ein bestimmtes Wertesystem gemeint ist, das ein Merkmal der jeweiligen Stufe in der Entwicklungsspirale [Schema siehe unten] darstellt.

Dass diese Stufen aufeinander aufbauen, heißt aber nicht automatisch, dass sie überall zeitgleich auftauchen oder von allen Kulturen gleichzeitig durchlaufen werden müssen. Auch bedeutet es nicht, dass alle anderen Systeme sich als "schlechter" erwiesen haben; außerdem entwickelt sich jede Kultur ganz nach individuellem Ermessen und je nach den Umständen und Erfordernissen weiter - die heutigen Naturvölker zum Beispiel haben schließlich auch etwas für sich und haben dennoch sehr komplexe Denksysteme und Philosophien, die überaus wertzuschätzen sind.

Grundsätzlich ist jedes neue Modell dazu bestimmt, die Probleme und Ungereimtheiten des vorangegangenen zu lösen. Wenn ihm das gelingt, setzt es sich durch - wenn nicht, dann wird es halt von nächsten widerlegt. Doch am Ende gehört auch dieses dazu; denn würde es wegfallen, wäre man / wäre die Menschheit gar nicht erst zu dieser nachfolgenden Etappe gelangt...

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[ Auf die Grafik oder HIER klicken, um die größere Variante zu sehen - oder eine Lupe vor den Bildschirm halten, um die Schrift entziffern zu können ;-) ]

Die Sätze links daneben sind übrigens die Lebensmaximen, die die Menschen in der jeweiligen Entwicklungsstufe verfolgen. Sie machen die individuelle Auswirkung der Stufe deutlich. (Ich habe es auch zuerst von oben nach unten gelesen, bevor mir das aufgefallen ist *smile*)

Ein ausführliche Beschreibung der auf der Grafik dargestellten jeweiligen Stufen könnt Ihr hier nachlesen.

Ach, und im Folgenden gibt es noch einige interessante Informationen zu Leben und Denken des "Erfinders" der Spiral Dynamics: Ken Wilber.

Karin 30.01.2007, 08.00 | (0/0) Kommentare | PL

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Ralph Waldo Emerson (1803-1883)







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Oscar Wilde (1854-1900)


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Dante Alighieri (1265-1321)


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