Soso, nun erfahre ich also
hier,
dass auch ich - und Du, Blogger, und auch Du, der Du mehr oder weniger
eifrig da und dort kommentierst oder sonst irgendwie Deine Meinung im
Netz kundtust - dass wir alle zu den einflussreichsten
Personen des Jahres gekürt wurden.
Aber was bedeutet "einflussreich"? Ist jemand einflussreich, bloß weil
er viele Menschen "für sich gewinnen", ihre Herzen mit viel Schirm,
Charme und Melone im Sturm erobert, oder weil er sie gar von seiner
eigenen Meinung überzeugen kann (geht das überhaupt?) ? Ist jemand
einflussreich, wenn alle ehrfurchtvoll oder auch nur furchtvoll zu ihm
aufschauen, was er dann in seiner Blasphemie mit echtem Respekt
verwechselt? Ist es jener, der, da er besonders (schein)klug reden
kann, seine Klappe am weitesten aufreißt, aber in Wahrheit sein eigenes
Wort nicht verstanden hat und daher nicht in der Lage ist, es auch zu
leben?
Nein. Für mich ist einflussreich der, der mit leisen Tönen, bescheiden
und vielleicht sogar mehr oder weniger im Verborgenen, ohne sich groß
damit zu brüsten, auf die Menschen wirkt. Zum Beispiel sie zum
Nachdenken anregt, ohne ihnen irgendetwas aufdrängen zu wollen. Der
auch offen ist, andere Meinungen anzuhören, und diese dann gleichwertig
gegenüber der eigenen akzeptiert. Der auch mal menschlich Impulse gibt,
etwa indem er andere wieder aufbaut, wenn er merkt, dass es ihnen nicht
so gut geht, und auch seine Ideen und Vorschläge mit den anderen teilt,
jedoch ohne dass sie aufgezwungen werden und ohne beleidigt zu sein,
wenn sie nicht angenommen werden (in meinen Augen würde das auf eine
sehr egozentrische und neidische Denkweise hindeuten, mit der niemand -
schon gar nicht er selbst - glücklich werden kann).
Einflussreich kann darüber auch sein, wer sich aktiv für bestimmte
Projekte einsetzt, für Menschen eintritt oder ihnen auch mal - und sei
es auch sinnbildlich - die Schulter hinhält, wenn er sieht, dass sie es
gerade im Augenblick nicht aus eigener Kraft schaffen, sich wieder
aufzurichten.
Mit der Quantität hat Einflussreichtum hingegen meiner Ansicht nach
überhaupt nichts zu tun. Statistiken können bekanntlich lügen oder die
Wahrheit so verdrehen, wie es am schönsten aussieht, und jeder nimmt
sich davon das, was ihm am besten gefällt - irgendeine herausgepickte
Zahl findet sich immer, die in dem Moment genau das unterstreicht, was
der pedantisch suchende Zahlenfreund für richtig hält.
Und überhaupt, um zum Thema zurückzukommen: Wenn man nach den Zahlen geht, wieviele Blogs es
laut einer Berlecon-Studie
schätzungsweise allein im deutschsprachigen Raum gibt (heute sind es
natürlich noch viiiiel mehr als vor zwei Jahren ;)), dann dürfte der
Masseneinfluss Einzelner wohl doch nicht so groß sein.
Wenn man aber in kleineren Dimensionen denkt (wie oben beschrieben) und
außerdem beachtet, dass jeder Blog ein persönliches Unikat darstellt,
von dem mal mehr, mal weniger Menschen sich aufgrund unterschiedlicher
Aspekte angesprochen fühlen, die aber immer irgendeinen Eindruck
hinterlassen - ja, dann kann man denke ich schon sagen, dass jeder Blog
seinen ganz eigenen Einfluss wie seine individuelle "Aura" hat.
Und schließlich sind insofern auch Ablehnung oder "für mich
uninteressant" Reaktionen, die auf den Einfluss eines Blogs auf einen
persönlich hindeuten. Einfluss kann also sowohl positiv als auch
negativ sein.