Wenn ich so darüber nachdenke, dann frage ich mich immer mehr, ob es nicht besser für die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Menschen dieser Welt wäre, wenn die Erfindung des Geldes niemals stattgefunden hätte. Mit dem Geld fangen doch viele Probleme erst an, werden einige mehr sogar noch schlimmer, und vieles endet auch wieder damit.
Ohne Geld müsste niemand verhungern. Ohne Geld könnte alles auf der Welt gerecht unter den Menschen verteilt werden - sowohl materielle als auch immaterielle Dinge. Ohne Geld gäbe es einige Konflikte weniger; denn viele Streitigkeiten, kriminelle (auch gravierende wirtschaftskriminelle, wie etwa
Korruption im großen Stil) und gewalttätige Handlungen und sogar Kriege (und politisch-wirtschaftliche Kriege, z.B. um
unverschämte Importzölle) drehen sich um Geld. Ohne Geld könnten wir uns endlich mal auf das Wesentliche konzentrieren. Ohne Geld gäbe es keine Gier - oder Sucht - nach Glanz und Gloria geschweige denn nach Zahlen und Tabellen. Ohne Geld würden gesellschaftliche Rangfolgen und Statuten keine Rolle mehr spielen. Ohne Geld ginge es umso viel mehr kollegial zu. Ohne Geld würden die Menschen sich eher die Hand reichen und mehr zusammenarbeiten, um Dinge zu erreichen oder zu schaffen. Ohne Geld gäbe es keinen Grund, neidisch zu sein - denn letztlich hätten alle etwas vom Fortschritt, so dass man es dem, der maßgeblich dazu beigetragen hat oder eine zündende Idee hatte, auch von Herzen gönnen würde. Ohne Geld müsste man u.U. nicht lügen. Ja, vielleicht würden die Menschen ohne Geld sogar physisch und psychisch gesünder, weil mehr im Einklang mit sich selbst, leben. Würden dann seltener krank (in welcher Form auch immer). Usw.
Seine Leistungen könnte man sich in Naturalien (oder durch Gegenleistung) auszahlen lassen - allenfalls in "
Muschelgeld" oder Ähnlichem (natürlich nicht für "Brautkäufe" oder gar Menschenhandel verwendet, den es dann trotzdem nicht geben dürfte!), das ja auch eine Naturalie darstellt. Ebenso würden die Dinge des täglichen Bedarfs so erworben. Es würde eine Art Tauschhandel stattfinden. So bekäme jeder am Ende das, was er gerade braucht, und alle wären zufrieden. Genau so würde es auch mit Wissen gehandhabt. Und es würde wieder ein richtiger kommunikativer Austausch zwischen den Menschen stattfinden. Die Menschen wären sich wieder mehr Freund, und zwar unabhängig von den Unterschieden in Denken, Fühlen und Kultur. Diese Unterschiede wären dann sogar eine Bereicherung für alle Beteiligten - bereichernd, ohne dass einige wenige danach trachteten, sich daran zu bereichern und es dem Rest aus Furcht vor Machtverlusten vorzuenthalten oder notfalls mit Gewalt eine
Verbreitung der Wahrheit sowie von Meinungen in der breiten Öffentlichkeit zu verhindern. Das wäre auch gar nicht mehr nötig, denn was wäre (politische, ideologische oder psychologische... oder was auch immer für eine) Macht schon wert, wenn das Geld nicht wäre? Was hätte sie dann für eine Bedeutung? Hätte sie dann überhaupt noch eine nennenswerte Bedeutung (außer, dass Einzelpersonen sich dabei eventuell gut fühlen), bzw. hätte sie einen Grund?
Eine Welt ohne Geld - wäre das nicht ein Traum? Was sind das bloß für Narren, die einst das Geld erfunden haben? Das Volk der
Lyder hatte wohl damals noch nicht bedacht, was für eine alles katastrophal umwälzende Lawine sie lostraten, als sie erstmals das
Münzgeld als wirtschaftliches Zahlungsmittel schmiedeten. Aber diese dummen Herrscher, Kaiser, Könige und Fürsten, die später meinten, dadurch den Reichtum dieser Erde berechenbar zu machen (und so viel Blut vergießen ließen, allein um ihre Schatzkammern noch mehr zu füllen)! Dabei kann man den Wert der Ressourcen dieses Planeten, ob es sich nun um Gold, Edelsteine, um Energieressourcen wie Öl, Gas oder Scheiße, um Naturgewalten wie den Wind, das Feuer und das Meer, oder um die lebendige Artenvielfalt handelt, doch eigentlich gar nicht rationell ermessen.
Ohne Geld und diesen kranken Hang zu materiellen Gütern könnten wir diese wenigstens noch als Geschenk annehmen. Wir könnten diese Geschenke nutzen und untereinander austauschen, ganz wie es jeder gerade benötigt, auch global, und uns dabei aber stets bewusst sein, was für ein Wunder das alles ist - ja, wir könnten sogar stolz auf uns als Menschheit sein, welch wunderbar nützliche technische Errungenschaften wir im Lauf der Zeit gemacht haben, jedoch ohne dabei überheblich zu werden und mit dem Bewusstsein, woher die Mittel dazu stammen und was uns dies alles überhaupt ermöglicht hat. Und wir würden erkennen, dass es keineswegs selbstverständlich ist. Wir würden verstehen, dass wir auf dieser Welt nur zu Gast sind, als Ehrengäste zwar eine ganz besondere Verantwortung zu tragen haben, aber immerhin Gäste sind, die diese Welt auch irgendwann wieder verlassen müssen. Und als bewusste Gäste würden wir gar nicht auf die Idee kommen, uns so unter aller Sau zu benehmen und diesen ganzen Müll zu hinterlassen. In unserer Verantwortung würden wir alles wieder schön aufräumen, was wir jemals angetastet haben, bevor wir gehen.
Ja, es wäre ein Traum - vielleicht eine beinahe göttliche Utopie. Ein Paradies auf Erden. Es könnte wahr sein. Aber leider haben wir es längst zerstört. Wir können nur jetzt das Beste daraus machen und retten, was zu retten ist. Viel ist das nicht, womöglich ein Tropfen auf dem heißen Stein. Doch wenn möglichst viele - am besten gar alle - mal darüber nachdenken und in ihrem Ermessen gemeinsam mitmachen würden, könnte dieser eine Tropfen zumindest - als kleine Entschädigung für all den Schaden - einen Regenbogen bilden, der sich über das alles spannt. Wenn nicht gar mehr. Ganz sicher sogar mehr!
© Karin Scherbart