Blogeinträge (Tag-sortiert)

Tag: Ansichten

Deutsch, bald eine tote Sprache?

Müssen wir jetzt auch noch um den Fortgang der deutschen Sprache trauern? Wenn ich so sehe, wie viele Wörter täglich aus dem deutschen Duden verschwinden, bloß weil ein paar Fachleute von heute auf morgen, teils willkürlich und ohne die Allgemeinheit zu fragen, beschlossen hat, dass sie als »veraltet« gelten und daher gefälligst sofort auf den Friedhof der deutschen Sprache gehören, während mancher »Nachwuchs« fragwürdig bleibt... Ja, wenn teilweise so schöne und auch nützliche Wörter, die unsere Sprache seit jeher bereicherten und auch noch bereichern könnten, einfach auf Nimmerwiedersehen verschwinden sollen, da stellen sich mir als Wortliebhaber zwar nicht vor Grusel die Haare zu Berge, sondern im Gegenteil sich mein trotziger Kampfgeist ein.

Natürlich ist mir bewusst, dass sich Sprache mit der Zeit entwickelt (meistens sogar weiter und nicht zurück - und eine Verarmung der Sprache im großen Stil wäre in meinen Augen ein Rückschritt!). Dass neue Wörter auftreten - manche kurzlebig und manche setzen sich durch - darunter auch viele Anglizismen und aus anderen Sprachen übertragene Begriffe, was schon immer so gewesen und auch ganz nützlich ist, wenn es diese Bezeichnung so im Deutschen nicht gibt oder man einige trotzdem allgemein verständliche Synonyme sucht.

Es ist auch klar und liegt in der Natur der Dinge, dass einige Wörter irgendwann in Vergessenheit geraten und schlicht nicht mehr gebraucht werden, weil es etwa das, was sie beschreiben, so heute nicht mehr gibt oder keiner mehr ohne Nachzuschlagen versteht, was sie bedeuten. Andere wiederum sind möglicherweise durchaus entbehrlich, weil es genug deutsche alternative Ausdrücke dafür gibt.

Beispielsweise wäre ich nie auf die Idee gekommen, eine stinknormale Anwaltskanzlei hochgestochen »Advokaturskanzlei« zu nennen.

»Immediat« heißt für mich ganz einfach unmittelbar, es sei denn ich parliere gerade auf Französisch. Selbiges gilt unter Umständen für »formidabel« (wunderbar), auf jeden Fall für »Honneurs« (Ehren), »inkomparabel« (unvergleichlich), "decouragiert" (entmutigt), "Defraudant" (Betrug - englisch: fraud) "absentieren" (sich abwesend melden), »honett« (ehrlich), »draperie« (Faltenwurf bei Kleidung und Gardinen), »echarpe« (Schal), von mir aus auch »Coup d`état« (Staatsstreich), wenngleich ich den vielleicht wegen der historischen Bedeutung lieber wenn nicht im Sprachgebrauch, dann wenigstens im Duden drinbehalten hätte. Bei der »Courtoisie« bin ich mir unschlüssig: Natürlich gibt es die deutsche Höflichkeit und sonstiges sittliche Benehmen, auch wenn der Adel am Hof noch so ausgestorben ist; hier würde ich aber auch wiederum die kulturelle Bedeutung des Wortes als Argument ins Feld führen.

So betrübend es für mich ist, wie wenig die Deutschen, zumindest die, die sich herausnehmen, über die Sprache zu bestimmen, das, was sie einst aus der französischen Sprache übernommen haben, zu würdigen wissen (die Franzosen nehmen zwar seltener Fremdwörter in ihre Sprache auf - aber dann schmeißen sie sie auch nicht so schnell wieder weg): Bei manchen Wörtern kann ich die Verbannung noch verstehen. Aber was sich bereits eingebürgert hat (»...du jour«, »echauffieren« - was ich auch weiterhin so schön tun werde wie jetzt, ob es den Damen und Herren Professoren nun passt oder nicht, man möge mich dafür für pikiert halten), was auf jeden Fall zur Kultur gehört (und was daher nicht vergessen werden sollte oder wo es zumindest schade drum wäre), was sich noch im Sprachgebrauch befindet und / oder diese bereichert, darf meiner Ansicht nach nicht aussterben!

Ich jedenfalls werde das für mich selbst nicht zulassen.

Es mag zwar sein, dass ich nicht weiß und auch nicht mehr herausfinden konnte, was ein »Dups« ist (es geht mir hier ja auch nicht um einzelne Wörter, die nicht mehr verwendet werden, würde aber trotzdem gerne mal nachschlagen können, was es meinen/unseren »Altvordern« früher mal bedeutet hat und überhaupt, wo bei »Eren« das H geblieben ist. Auch so etwas gehört zur »Historie« und kann zum Geschichtsverständnis beitragen, dessen Mangel heute in bildungsarmen Zeiten so oft beklagt wird!).

Weder laufe ich noch im »Bratenrock« herum, noch habe ich (zum Glück) je ein »Consilium Abeundi« erhalten, wenngleich das mit der »freventlichen« »Geheimbündelei« oder gar »Büberei« frönenden, die Schulbank drückenden »Bankerts« aus dem »Alumnat«, die ihre »hoffärtigen« »Faustkämpfe« auch noch für einen »äsopischen« »Gassenhauer« halten, durchaus auch heute noch passieren kann (auch wenn das Alumnat längst durch ein Internat ersetzt wurde).

Doch selbst wenn ich im 21. Jahrhundert nicht mehr durch eine »Bresche« schlüpfen muss, sondern allenfalls noch in alten Burgruinen durch sie hindurchblicken kann, möchte ich doch hin und wieder gern elegant wie zu barocken Zeiten durch eine »Chaussee« spazieren statt über eine Asphaltstraße - auch wenn sich die »Estrade« rein objektiv gesehen nicht dadurch ändert, ob ich mit damenhaften Pumps oder mit ausgelatschten »Galoschen« darüber trete.

Wenn sich die Gelegenheit mal bietet, bin ich auch nicht abgeneigt, mal einen der vielen »Gasometer« im Ruhrpott zu besichtigen.

Zwar rede ich vielleicht »generaliter« nicht so viel nachge«äfften« »Galimathias« wie andere Menschen (dessen kann ich sehr gut »entraten«, ebenso der uralten Zunft der »gaukelnden« »Hofschranzen«, die es zum Leidwesen einiger auch heute noch, nur im anderen Gewand, gibt), und habe auch noch nie ein Liedel auf der "Fiedel" gespielt.

Auch für den »Bürolisten« würde ich mich heute nicht mehr »interzedieren« (und der »Bankbeamte« ist so viel ich weiß auch nur noch »angestellt«).

Dafür »hupfe« ich auch heute noch gerne mit oder ohne »Büttel« (wenn das rheinische Wort für Beutel damit gemeint ist) wie ein »Bonvivant« über das »Blachfeld«. Und ich finde es einfach »ambrosisch«, wenn morgens über mir der »Brausekopf« die Wasserstrahlen frisch über meinen Körper rieseln lässt - wenn ich schon nicht »bloßfüßig« über irgendeinen Strand laufen kann.

Manchmal wünschte ich, ich könnte mich abends nach einem geschäftigen Tag mit meinem »Augenglas« in ein plüschiges-edles »Fauteuil« setzen statt mit der Brille auf der Nase auf ein biederes Sofa (während andere womöglich mit der Nase über die Couch stolpern, bevor sie sich dann auf ihre Kontaktlinsen setzen ;)). Oder mich vielleicht ganz orientalisch wie Kleopatra auf einem »Diwan« ausstrecken und genussvoll Weintrauben - natürlich ohne »Geziefer« und "franko" Domizil geliefert - von der Rebe essen, bis ich »Bauchgrimmen« davon bekomme.

Tja, im Grunde bin ich für mein Alter immer noch ein ziemlicher »Backfisch«, wie ich »einstmals« einer war. Ich bin zwar persönlich nicht sehr »gottselig« und habe auch kein »Doktorat« wie die «hochwohllöblichen« Herrschaften, die so viele schöne Wörter »entduden« (aus dem Duden herausnehmen) wollen. Aber dafür bin ich nach wie vor »ehrsam«. Und bestimmt werde ich auch irgendwann den ehrwürdigen »Galan« kennen lernen, der mir hoffentlich viele amouröse Momente und nur wenig »Herzeleid« bereitet und den ich dann eines Tages auch - hoffentlich für »allezeit« - »ehelichen« werde. Es muss ja nicht gerade einer von der »altfränkischen« »Bauernsame« sein, aber wer kann das schon im Vornhinein »estimieren«?

Nein, ich trachte wirklich nicht danach, »genant« zu sein, will niemanden mit dem wenn auch nicht »höchsteigenen« »Häckerling« »inkommodieren«, aber die »glimmrige« Vielfalt der deutschen Sprache derart farblos zu vereinfältigen, das finde ich einfach »hanebüchen« - auch wenn die Betreffenden beileibe keine »Dalbern« sind. Es »gereut« mich aber auch nicht, das mal ganz ungeniert gesagt zu haben. Man wird mich schon nicht dafür »henken«. In Wahrheit bin ich doch »honorig« und vollkommen »Harm«los.

So, und nun werde ich wohl irgendwann (jetzt noch nicht) »gen« Traumland (für dessen Existenz der "Erweis" leider nicht erbracht werden kann) ziehen, um dortselbst »gebührlich« dem »Honigmond« zu »huldigen«, so wie ich es nachts meistens zu tun »geruhe«. :)

Karin 18.08.2006, 23.18 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Was WIRKLICH traurig ist

Eigentlich wollte ich noch meine Meinung zu den erhöhten Ärztegehältern bloggen, während sich die Krankenhäuser zugleich über insgesamt 500 Millionen € Mehrbelastungen beklagen (und zu Lasten wessen das letztlich geht, kann man sehr leicht erraten).

Aber dann sah ich ein (oder vielmehr zwei) Bild(er), das mir wohl so schnell nicht mehr aus dem Kopf gehen wird und all die Problemchen und den Tratsch, mit dem sich die hiesigen Politiker, Medien und auch jeder Einzelne herumschlagen, so LÄCHERLICH erscheinen lassen.

Das ist doch alles NICHTS gegenüber dem, woran immer noch leider viel zu viele Menschen auf diesem Planeten, und nicht nur, aber mangels Aufklärung und Mitteln vor Allem in den armen Ländern, leiden. Nein, ich rede mal nicht vom Hunger. Ich rede von AIDS, und die zwei Bilder, die mich so betroffen gemacht haben und für Tausende steht, stammen von diesem Mann.

Sie sprechen für sich. Sie erzählen aber auch die Geschichte von einem, der die Chance bekommen hat, durch entsprechende Behandlung würdig damit zu leben.

Ich hoffe und wünsche, dass eines Tages auch alle anderen Betroffenen das von sich werden sagen können.

Natürlich wäre es noch besser, wenn diese Krankheit irgendwann ganz ausgerottet werden würde, aber das liegt ja noch in ferner Zukunft. Aber es ist Zukunft. Davon bin ich überzeugt und daran sollten wir global arbeiten.
Und, liebe Mediziner und sonstige Verantwortliche, HIER hinein müsste mal mehr Geld investiert werden!

Karin 18.08.2006, 19.23 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Kein Opferlamm!

Jemand hat mir irgendwann einmal gesagt, ich wäre in einer typischen Opferrolle. Wohlgemerkt: Es war jemand, der mich in der Tat nicht sehr gut kennt. Denn ich persönlich war immer der Meinung, dass meine Schutzmechanismen, die ich mir im Laufe der Zeit aufgebaut habe, sehr gut funktionieren. Außerdem bin ich viel zu intelligent (ohne damit überheblich wirken zu wollen), um mich jemals in die Rolle eines Opfers hineinschubsen zu lassen. Wenn ich will und wenn es drauf ankommt, kann ich durchaus sehr konsequent sein, um einen potentiellen Schaden von mir abzuwenden. Und ich bin mir eigentlich viel zu schade, um ein Opfer zu sein. Ganz ohne Eitelkeit gesprochen ist das so. Auch wenn man das nicht gleich erkennt. Doch sollte mir irgendjemand mal dumm kommen oder sehe ich irgendwo eine Gefahr, kann und werde ich schon meine Krallen ausfahren, das verspreche ich beim Namen meiner Mutter (möge sie weiterhin in Frieden ruhen).

Erstaunlich ist aber, dass nicht nur flüchtige Bekannte oder gar vollkommen Unbekannte (wenngleich man ja nicht immer in die Köpfe der Menschen hineinschauen kann, aber an den Reaktionen und/oder mündlichen Aussagen doch hin und wieder erahnen kann, wie sie über einen denken) mich so sehen. Es scheint ein allgemeines Phänomen zu sein, dass ich oftmals von anderen, also auch von engeren Vertrauten und Verwandten, unterschätzt oder auch manchmal schlichtweg falsch eingeschätzt werde. Ich gebe zu, dass ich an dieser Tatsache meinen gewissen Anteil habe, weil ich nun mal nicht immer so extrovertiert bin wie andere - mir ist halt nicht immer danach. Wenn ich etwas sagen möchte, dann tue ich das schon. Wenn nicht, dann nicht. Klar kann ich auch aus mir herausgehen, lachen oder weinen, Stärke ausstrahlen, wenn ich mich tatsächlich stark fühle... aber eben nicht immer. Alles zu seiner Zeit. Ich bin eben einfach ich, authentisch, immer so, wie ich mich gerade fühle. Verstecken kann ich mich nicht und möchte ich auch nicht - bloß um irgendeine fadenscheinige Fassade zu wahren, dass ich nicht lache!

Wer das nicht versteht, kann ja gerne weiterhin mit dem Strom schwimmen. Ich weiß indes, warum ich meinen Weg so gehe, wie ich ihn lebe. Glaubt mir, ich habe mir schon etwas dabei gedacht und es hat seine Hintergründe, warum ich so bin, wie ich bin. Ich kenne meine Vorteile, da braucht mir keiner etwas weiszumachen.

Natürlich kann ich auch von solchen Äußerungen, Reaktionen und von meiner Außenwirkung etwas lernen. Daher bin ich für jedes Feedback auch dankbar. Und es gibt ja tatsächlich Sachen, wo ich für mich sagen kann: »Da ist etwas dran« und wo ich dem entsprechend meine eigenen Schlüsse daraus ziehen kann. Aber das kann ich schließlich nur für mich selbst abwägen und entscheiden. Ich arbeite an mir, keine Frage. Es liegt ja in meinem eigenen Interesse, mich weiterzuentwickeln. Und dieser Prozess ist niemals abgeschlossen; er gehört zum Leben einfach dazu.

Ich - ein Opfer? Oder bin ich einfach nur zu gut für diese Welt? ;)

Karin 13.08.2006, 18.30 | (0/0) Kommentare | PL

Vorurteile Oder: Brauchen Menschen Illusionen?

Oft schätzen mich die Menschen (zumindest die, die mich nicht kennen) anders ein, als ich tatsächlich bin. Da komme ich als jemand, der aufrecht und mit offenen Augen durchs Leben geht, nicht umhin, mich zu fragen, woran das nur liegt. Klar kann man es auch aus Bequemlichkeit als naturgegeben ansehen, dass die Menschen sich nun mal ein Bild von dem Fremden machen wollen. Es ist ja auch irgendwie verständlich, erscheint er einem dann doch etwas weniger fremd, wenn man sich die Illusion schafft, ihn zumindest etwas zu kennen. Eine solche Vertrautheit, die auf Vorurteilen basiert, erweist sich jedoch im Alltag allzu schnell als scheinheilig und somit ziemlich brüchig, sofern diese nicht revidiert oder richtig gestellt werden. Und selbst dann lässt sich das Gefühl der Enttäuschung auf beiden Seiten oft nicht mehr vermeiden, der Graben zwischen den Akteuren verstärkt sich die zerstörte Illusion mitunter sogar noch.

Aber warum bilden sich die Menschen dann trotzdem immer noch Vorurteile, wo sie doch längst wissen oder wissen sollten, dass deren Schaden in der Regel größer ist als ihr Nutzen? Unvernunft? Das wage ich nicht zu unterstellen, denn dann würde die Vernunft ja, wenn überhaupt noch vorhanden, zu einer Rarität degradiert. Oberflächlichkeit? Man sollte doch meinen, es sei bekannt, dass die Spitze des Eisbergs nur ein minimaler Teil des Ganzen ist und etwa 90% unserer vieldimensionalen Welt sich unter der Oberfläche befindet. Unfähigkeit oder Unwille, in diese Tiefen hinabzugleiten? Vielleicht sogar aus Angst vor dem Ungewissen, aus Furcht davor, statt den erhofften Perlen nur Seeungeheuer vorzufinden? Zu viele Horrorfilme mit irgendwelchen Psychopathen geschaut? Oder was?

Die Gründe mögen unterschiedlich sein. Demnach wären die Methoden, sich davon zu befreien, wohl ebenso unterschiedlich und entsprechend differenziert zu betrachten und von jedem ganz individuell anzuwenden. Vielleicht fällt es den Menschen deshalb so schwer.

Oder sie sind einfach zu bequem. Oder sie unterliegen der Illusion, ihre Illusionen würden sie glücklicher machen als die (aufwändigere, aber lohnenswerte) Suche nach der Wahrheit.

Ich bin nicht diejenige, die die Macht hat, solche Illusionen anderer willentlich zu zerschlagen - selbst wenn ich es wollte. Das kann nur jeder für sich selbst. Durch generelle Offenheit, und vor Allem durch genaues Hinsehen und Hinhören. Das vermittelt einem zuverlässig wertvolle realistische Informationen. Dann kann man sich seine Gedanken darüber machen. Nicht vorher. Sonst entgeht einem vieles.

Amen.

Karin 06.08.2006, 20.17 | (0/0) Kommentare | PL

Der Sinn des Lebens in einer oft unsinnigen Welt

Angeregt durch einen Text in der Bohnenzeitung habe ich mir selbst die Frage gestellt: Wofür lebe ich? Welchen Sinn gebe ich meinem Leben selbst?

Ich denke, gerade in Zeiten von Arbeitslosigkeit, wo außerdem alles teurer wird und man sein Geld sowieso schon sehr gut einteilen muss, wenn man nicht irgendwann ziemlich ohne da stehen will (weil es heute ja keinerlei finanzielle / wirtschaftliche Sicherheiten mehr gibt, ja nicht einmal eine medizinische Grundversorgung scheint gesichert, da man ja immer mehr zuzahlen muss; seit der Einführung der Praxisgebühr überlegt man sich ja schon dreimal, ob man wegen irgendeiner Kleinigkeit zum Arzt geht), ist es besonders wichtig für das seelische Wohlbefinden des Einzelnen, dass man neben all solchen Oberflächlichkeiten und Statussymbolen (wie etwa ein dickes Auto, die Segelyacht, und was sich die Reichen noch so alles für überflüssiges, Geld und Rohstoffe fressendes Zeug anschaffen) auch Dinge, also auch Beschäftigungen und Menschen hat, die einem einen tieferen Lebenssinn zu geben vermögen.

Paradoxerweise ist gerade in dieser turbulenten Zeit in der Gesellschaft genau das Gegenteil zu beobachten [siehe auch hier]: Die Menschen jagen sich in ihrem teilweise wahnhaft kranken Erfolgsdenken gegenseitig ins Boxhorn; jeder will der schnellste, beste, reichste und vermeintlich höchste sein. Dabei geht so mancher zugrunde, wird verletzt oder betrogen, während die andere Seite immer mächtiger, skrupelloser und zuletzt auch aggressiver wird. Weil sich ja niemand gegen sie wehrt oder sich traut, sie auf ihr Verhalten aufmerksam zu machen. Oder es schon als normal betrachten. Schließlich ist es ja schon in der Evolution festgelegt, dass der Stärkere gewinnt und der Schwache nicht überleben wird. Dass wir nicht mehr im Dschungel leben, scheint in dem zivilisierten Wahnsinn (nächstes Paradoxon) oftmals vergessen zu werden. Dass Zivilisation auch heißt, Verantwortung für sich selbst und das was man tut zu übernehmen, mitzudenken und sich eine eigene Moral zu bilden, die zumindest niemanden schadet, am besten sogar dem sozialen Miteinander dient, geht hierbei ebenfalls oft unter. Sogar vor Kriegen, die (wenn man es sich mal genauer anschaut) immer irgendwo entweder eine Habgier oder oder eine unsinnige Rechthaberei, in der sich jede Seite für besser hält als die andere, als Ursprung haben, scheut man nicht zurück. Auch das nennt man dann zivilisiert, obwohl doch klar sein dürfte, dass es das nicht ist.

Ich persönlich ziehe es vor, in einer Welt voller vorbeischießender Hasen ein Igel zu sein (Ihr kennt doch bestimmt die Geschichte), der zwar nicht so schnell zu sein scheint, aber auch gar nicht das Bedürfnis hat, sich oder anderen irgendetwas beweisen zu müssen, indem er sein Ziel im Rekordtempo zu erreichen versucht, nur um dann gleich wieder dem nächsten Ziel entgegenzusprinten, womöglich ohne zu bemerken, dass er sich dabei immer auf derselben Strecke hin und herbewegt. Wozu sich dauernd abhetzen, als gäbe es nichts anderes? Worin liegt in dieser Hetzerei der Sinn? In Wahrheit müssen diese Hasen doch kreuzunglücklich dabei sein oder zumindest, es nach der x-ten Ehrenrunde werden. Aber sie sind ja sooo busy, dass sie es vielleicht nicht einmal mehr bemerken. Die Rechnung kommt oft erst, wenn es zu spät ist, und der ungeheure Druck, der dadurch in ihnen und bei ihrem Umfeld entsteht, sich eventuell auf schmerzhafte Weise entlädt. Wo sollte auch sonst die ganze Hochspannung hin, wenn sie nicht irgendwann nach draußen vordringen würde?

Nun, ich für meinen Teil gehöre also zu den Gelassenen. Für manche sogar zu gelassen, aber das ist ein anderes Thema. Jedenfalls lasse ich mich nicht verrückt machen oder gar von mir selbst abbringen. Letztlich ist das etwas Positives und ist auch das, was zählt. Meinen Sinn gebe ich mir durch meine Hobbies, das Schreiben und was ich sonst noch kreativ schaffe. Aber auch, was ich anderen Menschen vermittle - nicht nur kommunikativ, inhaltlich oder kognitiv, sondern auch das Mitgefühl, das ich zeige, meine Fähigkeit zuzuhören und mich in andere hineinzuversetzen und meine Anteilnahme, mein Verständnis (das natürlich auch seine Grenzen kennt, nämlich da, wo die Menschlichkeit und in weiterem Sinne die Natur aufhört); auch die Freude, die ich teile. Neben dem, was ich anderen gebe, ist aber auch das, was ich für mich selbst tue, sinnvoll. Denn auch wenn ich für andere da bin und an sie denke und dies völlig unvoreingenommen und ohne Hintergedanken tue (dass es allen Seiten Vorteile bringt, ist ein schöner Nebeneffekt, aber nicht die Hauptsache und sollte auch nicht einseitig sein), bin ich noch lange nicht selbstlos. Und es ist ja auch nichts in negativem Sinne egoistisches daran, wenn man an sein eigenes Wohl denkt und das macht, was man für richtig hält und was einem auch guttut - manchmal auch ohne Rücksicht auf die Pflichten, die sich vor einem auftürmen. ;)

Man muss auch mal das Leben genießen können, offen für das bleiben, was kommt und nicht geplant war, es einfach mal entspannt plätschern lassen, sich zurücklehnen und eine Verschnaufpause gönnen, spontan etwas Lustiges oder Schönes unternehmen, neue Menschen und die Kultur eines Landes (des eigenen oder eines anderen) kennen lernen und Erfahrungen sammeln. Für mich hat auch dies alles einen Sinn. Nicht nur, um die Erlebnisse, meine Eindrücke und Gedanken dazu später aufzuschreiben, nicht, um möglich viel zu erzählen zu haben, sondern schlicht und ergreifend aus Lust am Leben. Und weil jede Erfahrung einen die Welt letztlich wieder ein Stückchen mehr begreifbar macht. Man wächst daraus, lernt immer mal wieder etwas dazu und erweitert seinen Horizont stetig - nicht bis in Ewigkeit, aber jedes Quentchen Weisheit, das man bekommt, ist doch auch etwas sehr wertvolles.

Also, ich persönlich fühle mich immer sehr, sehr reich, wenn ich denke. Und das tue ich praktisch immer. Manchmal drehen sich meine Gedanken auch um scheinbare Banalitäten, wie das bei jedem mal so ist. Aber ich denke.

Und ich bin mir dabei bewusst, dass es schon irgendwie an ein kleines Wunder grenzt. Millionen Jahre Evolution vom Einzeller bis zum Säugetier (und noch einmal ein gute Stück bis zum modernen Menschen) hat es dafür gebraucht, um diesen kleinen Teil im Gehirn zu entwickeln, der für die menschliche Vernunft zuständig ist. Auch wenn dieser Teil ist noch lange nicht perfekt ausgebildet ist und es wohl nie komplett sein wird (schließlich besteht der Mensch ja so ganz nebenbei auch noch aus Gefühlen, aber auch immer noch vorhandenen niederen Instinkten, was durchaus nichts schlechtes meint, beinhaltet es doch auch die Intuition, auf die wir heute oft viel zu selten hören); auch wenn die Vernunft also - ich sage: zum Glück! - nicht allumfassend ist, mache ich gerne von diesem Wunderwerk Gebrauch und ehre es damit, indem ich es trainiere und klug einsetze. Und es macht mir sogar Spaß!

Damit stelle ich mich im Übrigen keineswegs über andere; im Gegenteil, ich lasse jedem seine eigenen Gedanken und habe dabei die meinen.

Karin 27.07.2006, 23.34 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL

Damit Veränderungen nicht scheitern

Oft wird einem gesagt: »Warum bist Du bloß so und so? Wann änderst Du Dich mal?« Zeit seines Lebens wird man dazu angehalten, sich zu verändern, sich anzupassen und immer besser zu werden. Wer das nicht tut, hat das Nachsehen. Immer soll man nach möglichst viel Perfektion streben, obwohl klar ist, dass man diese in einem Leben, und auch in hundert, niemals erreichen wird. Weil es einfach nicht geht - nicht als Mensch und auch nicht als was auch immer. Es gibt immer irgendeinen Makel, und wer danach suchen will, wird auch immer irgendetwas an anderen (und wenn er ehrlich ist, auch an sich selbst) auszusetzen wissen. Statt sich mal so anzunehmen, wie man ist, wird dan direkt die Flucht ergriffen - die Flucht in die Veränderung und somit vor einem selbst.

Versteht mich nicht falsch: Ich habe an sich nichts gegen Veränderungen. Sie sind notwendig, wenn man sich selbst weiterentwickeln und nicht auf der Stelle treten will. Bestenfalls hat man sie sich selbst ausgewählt, in manchen Fällen wurden sie einem auch durch irgendwelche äußeren Umstände aufgedrängt, sei es, weil es einfach nicht mehr anders ging, weil eine Sackgasse zur Umkehr oder zum Einschlagen eines neuen Weges zwang, oder weil man selbst einfach zu schwach war, um seinen eigenen Willen durchzusetzen, oder nicht den Mut aufgebracht hat und den alles entscheidenden Stoß eben brauchte (in dem Fall ist die Fremdeinwirkung ja nichts Schlechtes, sofern man es selbst im Innersten so wollte; und auch sonst kann man daraus lernen, was letztlich auch die praktische Grundvoraussetzung für den Erfolg einer Veränderung ist).

Doch bevor man auch nur daran denkt, sich zu verändern, ist es da nicht sinnvoll, sich zunächst einmal selbst mit all seinen Fehlern so anzunehmen wie man ist? Erst dann kann man souverän voranschreiten und den Schritt ins Ungewisse oder gar den Sprung ins kalte, vielleicht auch felsige Gewässer wagen. Ist das nicht gegeben, läuft man schnell Gefahr, dass die geplante Veränderung sich als totaler Flop erweist. Und wieder hat man eine Enttäuschung mehr zu verkraften, die es einem nicht unbedingt leichter macht, das Vorhaben tatsächlich umzusetzen.

Karin 27.07.2006, 21.52 | (0/0) Kommentare | PL

Wenn Menschen Gott spielen 1

Der Artikel Nr. 51 der UN-Charta spricht Staaten, die sich irgendwie von anderen Staaten militärisch bedroht sehen, ein »naturgegebenes« Selbstverteidigungsrecht zu, sprich, sie legitimiert damit in diesem Fall einen Krieg. Als ob das nicht schlimm genug wäre, wurde seit dem 11. September dann auch noch zugebilligt, dass dieser Grundsatz auch in dem Fall gelten soll, wo diese Gefahr von Terrororganisationen ausgeht. Ob die USA dieses UNO-Urteil seinerzeit auch als Rechtfertigung ihres Einmarsches in den Irak benutzten und ob das ein Grund war, weshalb keiner irgendetwas dagegen geäußert bzw. es verhindert hat, sei mal dahingestellt. Dabei heißt es, wie die Dürener Zeitung es in ihrem Artikel wiedergibt, auch: »Jeder Staat ist verpflichtet, auf SEINEM Territorium gewaltsame Aktionen gegen andere Staaten zu unterbinden.« Da steht nichts davon, dass das auch für fremdes Territorium gültig sein soll!

Nun geht es aber nicht um die Amerikaner und den Irak, sondern um das nicht sehr nachbarschaftliche Verhalten Israels gegenüber dem Libanon, um der Hisbollah Einhalt zu gebieten.

Und jetzt kommt der Punkt, der mich am meisten beim Lesen aufgeregt hat: Da hält doch tatsächlich ein Mensch, der sich auch noch Völkerrechtler nennt, den Bombenhagel der Israelis (der wohl sicherlich bei Weitem nicht nur militärische Einrichtungen und Angehörige der genannten Terrororganisation trifft, sondern bekanntlich auch sehr sehr viele öffentliche und private Gebäude und dabei auch Hunderte von Zivilisten tötet oder schwer verletzt) für GERECHTFERTIGT! Wie bitte? Ja, Ihr habt richtig gelesen. Ich konnte es auch kaum fassen, als meine entzündeten Augen dies schon in der Schlagzeile vernahmen. Ich habe mich auch gefragt: Was ist das für eine Welt, in der anscheinend fortschrittliche Menschen, von denen man schon etwas mehr Vernunft erwartet hätte, so denken?

Allerdings - das soll ja nicht unerwähnt bleiben - muss vor einer solchen Vorgehensweise normalerweise der UN-Sicherheitsrat einbezogen werden, um die »Verhältnismäßigkeit« eines solchen Angriffs festzustellen. Tja, und wenn dieser dann sein »OK« dazu gibt, darf wild drauflosgeballert werden! Ach so ist das! In Anbetracht dessen ist dies wohl nicht wirklich eine Abschwächung der Tatsachen.

Mal ganz davon abgesehen, dass Israel sich bei ihren Militärhandlungen sogar an diese UN-Maßstäbe größtenteils nicht gehalten haben, was ein weiterer Grund für die Unlogik einer solchen Einschätzung ist. Zum Beispiel wird auch ganz klar dort bestimmt, dass »die Wasser- und Energieversorung nicht zerbombt werden dürfe, ebensowenig militärisch unbedeutende Verkehrswege. Eine Guerilla darf nicht dadurch bekämpft werden, dass die gesamte zivile Infrastruktur zerstört wird.« Ich bezweifle jedenfalls, ob sie bei der Bombardierung ihrer Ziele so peinlich genau darauf achten, dass auch ja keine Straße, keine Wasserleitung und kein zentrales Elektrizitätswerk getroffen wird. Außerdem kann man das gar nicht verhindern geschweige denn das Ausmaß der Zerstörung so zielgenau abschätzen, wenn die Bombe einmal abgeworfen ist. Erst Recht nicht, wenn eine große Stadt das Ziel ist, in der alles dicht beieinander steht.

Ach ja, und bezüglich der zivilen Opfer wird lediglich gesagt: »Zwar sind Kollateralschäden wie der Tod unschuldiger Zivilisten im Militärjargon heißt, nach dem Völkerrecht nicht gänzlich auszuschließen.« Daran gedacht, gar nicht erst im Krieg nach Lösungen zu suchen, die es dort ganz bestimmt nicht geben wird, weil er nämlich alles nur verschlimmert, hat wohl niemand. Krieg scheint halt die einfachere »Lösung« zu sein, weil es schneller geht, als mühsam Verhandlungen zu führen, ein paar Leute (und zwar die, die auch definitiv schuldig sind) zu verhaften, etc.

Zum Glück gibt es zum Thema Zivilisten auch noch ein Aber: »Man darf allerdings nicht die GANZE Zivilbevölkerung für das in Haftung nehmen, was einige Übeltäter angerichtet haben.« Ach, und die Hälfte darf man also getrost dahinraffen???

Komische Welt ist das. Ich verbessere: Nicht komisch, sondern furchteinflößend!

Aber man lässt alles geschehen. Gegen das mächtige Amerika (das sich ja immer auf deren Seite stellt) käme man ja eh nicht an, selbst wenn man vorhätte aufzumucken. Und damit der Fall vor den internationalen Gerichtshof in Den Haag käme, müsste der »Angeklagte« Israel die Zustimmung zu seinem eigenen Prozess geben! Wenn das Schule macht, kann wohl auch in den »kleinen« Gerichtssälen kein Mörder mehr verurteilt werden, weil er »nein« gesagt hat?

Nennt sich das »Gerechtigkeit«???

Karin 20.07.2006, 23.49 | (0/0) Kommentare | PL

In der Kürze liegt die Würze

Auch wenn manche jetzt etwas anderes sagen würden, aber SMS schreiben ist auch eine Kunst. In wenigen Worten komprimiert all das zum Ausdruck bringen, was man vermitteln möchte, ist eben nicht immer einfach. Wenn der Text bald in die dritte SMS reicht, fühlt man sich genötigt, an der einen oder anderen Stelle zu kürzen (nicht, dass ich geizig wäre, die 19 Cent mehr oder weniger für einen Menschen, den ich mag, machen mir ja eigentlich für sich genommen nichts aus, aber irgendwann summiert es sich). Dabei wird einem bewusst, dass man vieles, wenn man nur die richtigen Worte klug einsetzt, kürzer noch viel besser und prägnanter ausdrücken kann. Und das ist doch letztlich auch eine gute Fingerübung und Lektion, wenn es dann auch mal um längere Texte geht.

Wenngleich ich bei diesem Wetter in letzter Zeit eher dazu neige, kurz angebunden zu sein. So wie jetzt:

S-M-S = Sommerloch-macht-schlau - Syndrom

Da kommt man endlich mal dazu, Gedanken zu äußern, die sonst in all dem anderen untergehen würden. :)

Karin 18.07.2006, 20.30 | (0/0) Kommentare | PL

Gammelquoten und Sommerlöcher

»Gammelquote bei Fleisch bleibt hoch«, lautete die Schlagzeile in unserer heutigen Tageszeitung. Tja, was soll ich dazu sagen... Obwohl bei diesem Wetter Fleisch nicht gerade zu meinen bevorzugten Nahrungsmitteln gehört, sprang mir das Wort »Gammelquote« sofort ins Auge. Treffender hätte man das, wozu ich in den letzten Tagen unter den klimatischen Verhältnissen oft neige, auch nicht ausdrücken können. Und so gibt es doch noch etwas, was mich im Moment mit dem Hammel Gammelfleisch verbindet. Was das Sommerloch in den Medien nicht alles bewirken kann: Da fühlt sich sogar der intellektuelle Leser plötzlich von trivialen und eigentlich nicht neuen Konsumententhemen plötzlich angesprochen - und bekommt gleich darauf ein schlechtes Gewissen, das doch eigentlich eher die Fleischer und andere, die die Gesundheit der Menschen durch mangelnde Qualitätsstandards und -kontrollen gefährden, bekommen sollten. Aber sollen sie das? Hätte die Zeitung dann in Zeiten des Sommerlochs überhaupt noch etwas zu berichten außer wiedergekäuten, abgeklatschten Schmu, der keinen mehr interessiert - außer vielleicht jenen, deren Gammelquote bei durchschnittlichen 35C naturgemäß extrem in die Höhe steigt *gg*?

Nun, ich werde mich jetzt gleich in mein Wasserloch ins Bad verkriechen, und danach findet Ihr mich im absolut PC-freien Garten... Wenn das so weitergeht, breche ich mit meiner Gammelquote diesen Sommer noch alle Rekorde... oder geht es Euch da ähnlich? Sei's drum. Es ist halt so. Man muss auch mal alle Fünfe gerade sein lassen dürfen, ohne sich dafür schämen zu müssen. ;)


Karin 18.07.2006, 19.57 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL

Familienkaffeeklatsch

Schon im Auto zum Geburtstagskind, meiner Tante, ließ mein Onkel, der uns abgeholt hatte, im Laufe der beiläufigen Konversation eine von den Bemerkungen ab, die eigentlich sarkastisch wirken sollen und an die man eigentlich gewöhnt sein sollte, da es nun mal zu seiner typischen Art gehört, die aber trotzdem nervig, mitunter für zartere Gemüter sogar ungewollt und also unbemerkt verletzend wirken können, auf jeden Fall aber taktlos sind, obwohl er sonst so gepflegt auftritt und ein sehr intelligenter Mensch ist, der sich auch entsprechend weltlich verhält und sich auch so ausdrückt. Ich hatte das Thema beiläufig auf die standesamtliche Hochzeit meines Cousins mit seiner Frau gebracht (die beiden befinden sich momentan noch in Griechenland) und dabei vorsichtig nachgefragt, ob sie denn nur im kleinen Kreise gefeiert hätten, da wir ja nicht eingeladen worden waren, sondern erst im Nachinein per Telefon darüber informiert wurden: »Wir haben geheiratet.« Es stellte sich heraus, dass außer den Eltern des Cousins (diejenigen, wohin wir gerade unterwegs waren) von unserer Seite der Familie niemand eingeladen gewesen bzw. dort war. Also nur die Familie der Frau und einige Freunde, die dort in der Umgebung wohnen. Genau an der Stelle äußerte mein Onkel jene Bemerkung, die natürlich nicht so gemeint, aber in meinen Augen auch keineswegs angebracht oder gar korrekt war. Nun, da ich ihn ja wie alle anderen in der Familie kenne, sagte ich dazu nichts. Wobei ich hinzufügen muss, dass ich in der Familie auch nicht gerade diejenige bin, die Unruhe stiftet geschweige denn als erste den Mund aufmacht, wenn sie etwas juckt. Es reicht ja schon, dass ich im engeren Familienkreis die Jüngste bin und dadurch mein Wort in der Familie sowieso nicht viel zählt bzw. es oft niemanden so recht interessiert, was ich zu sagen habe; und wenn ich mal meinen Senf dazugebe, wird mir dann eventuell zwischen den Zeilen, im übertragenden Sinne zu verstehen gegeben: »Du hast ja sowieso keine Ahnung, Dir fehlt es an Lebenserfahrung, Deine Denkweise ist unlogisch und Deine Argumentierung pauschal falsch... Am besten, Du hältst den Mund und lässt uns Alte unsere trivialen Weisheiten fachsimpeln.« etc. In Form eines kurzen und knappen Kommentares, der kaum Diskussionsspielraum lässt, obwohl es natürlich nicht so aussehen soll und vielleicht auch nicht bewusst in der Absicht liegt. Mag sein, dass nur ich das so empfinde. Schießlich bin ja nur ich das Jüngste Rad am Wagen. Auch wenn meine Cousinen (die diesmal nicht dabei waren, die eine arbeitet im fernen Salzburg an ihrer Magisterarbeit und die andere ist mit der Mutter nach Polen auf Verwandtschaftsbesuch gefahren) nur wenig älter sind als ich - die ältere noch studierend im Dienste der Wissenschaft, die andere im Grundschulreferendariat, während ich bereits gearbeitet habe (wenn ich nicht gerade eine solche suchte). Aber von dem Nesthäkchenimage komme ich so schnell nicht weg. Ich denke mal, auch wenn ich mal von zu Hause ausgezogen sein werde (wie schnell das gehen wird, hängt zu einem erheblichen Anteil natürlich auch von meinen beruflichen Perspektiven ab), wird es eine Weile dauern, bis ich als vollständig erwachsener Mensch behandelt werde, der sich nicht dauernd irgendwas sagen lassen muss. Extrem ausgedrückt, zum besseren Verständnis, kommt es mir manchmal zumindest so vor.

Aber natürlich mag ich meine Familie und freue mich, wenn alle oder auch nur mal einige mal wieder zusammenkommen, über dies und das reden und man die eine oder andere Neuigkeit erfährt. Auch wenn sich das eine oder andere wiederholt, wird es niemals langweilig. Es sind letztlich auch diese kleinen Eigenheiten, Anekdoten und auch Rituale, die im Übrigen zu den wenigen Dingen gehören, die zuverlässigen Bestand haben, an die man sich auch immer wieder gern mit einem Schmunzeln erinnert, die dem Leben eine Festigkeit geben, die nur durch die eigenen Wurzeln erst ermöglicht wird und auch etwas Schönes ist. Was ich damit sagen will: Ich komme gut mit meiner Familie aus, ich schätze sie, und sie gehört zu den guten Familien. Dass einem an den eigenen Lieben auch mal die eine oder andere Gegebenheit nervt oder die Rolle, die man darin einnimmt, einen nicht immer so gut gefällt, ist dabei wie auch in allen Gesellschaften »draußen« völlig normal, betrifft aber letztlich nur einen selbst. Es kommt darauf an, wie man damit umgeht. Und ich kann damit umgehen. Das tue ich doch schon die ganze Zeit. Nicht nur, indem ich darüber reflektiere und mir alles, was ich empfinde, bewusst mache. Sondern auch, weil ich durch meine Denkweise meine innere Einstellung steuere, die aus den Schlüssen resultiert, die ich im Laufe der Zeit und Erfahrungen für mich gezogen habe und die letztendlich auch mein Handeln bestimmt. Dieses Handeln besteht in dem Fall darin, dass ich zum Einen gelernt habe, vieles zu akzeptieren bzw. locker zu sehen. Ich habe nicht den Drang, mich den anderen unbedingt aufzuschwatzen (Nachteil: Ich kann mich auch in anderen Lebensbereichen sehr viel schlechter »verkaufen«, aber auch hier habe ich den Willen und Anspruch, mich langfristig zu verbessern bzw. bin überzeugt, dass ich mir zunehmender Erfahrung und Alter an Souveränität und Selbstsicherheit gewinnen werde), sondern behalte mir das Recht vor, mir meinen Teil zu denken, wenn ich mal wieder nicht zu Wort gekommen bin (wobei die meisten Dinge sowieso entweder belanglos sind oder meine Anmerkung wohl nicht die Wende im Gespräch oder gar neue Erkenntnisse gebracht hätte - weder für mich noch für die anderen; so denke ich mir das zumindest zu meiner eigenen Besänftigung, weil ich auch nicht der Mensch bin, der sich aufregt oder aus einer Mücke einen Elefanten macht).

A propos Elefant (es folgt eine kurze, zugegeben biedere - aber welche Familienanekdote ist das schon nicht, und gibt das nicht letztlich wieder so ein Gefühl von Zu Hause, von Heimat? - Anekdote, die bei uns schon fast zur Tradition gehört): Mein Onkel (der mit dem aktuellen Geburtstagskind verheiratete) hat in dem Teil des Wohnzimmers, der fast wieder ein eigener Raum ist, und wo der Kaffeetisch steht, seit vielen vielen Jahren ein kurioses, eigentlich ganz normales, Bild hängen; ein relativ kleines Elefantenbild, darum ein vergleichbar riiiiiiesiger, dicker Goldrahmen. Dieser Gegensatz und Kontrast veranlasste wie gewöhnlich auch heute meinen Cousin, der mit seiner Lebensgefährtin und dessen behindertem Kind da war, zu einem schmunzelhaften Kommentar dazu. Und die Pointe? Es gibt keine. :D Ich wollte das nur mal so nebenbei erwähnt haben. Wahrscheinlich um das Sommerloch zu füllen, das uns doch alle irgendwie zu umgeben scheint. Dabei weiß ich genau, dass ich keine gute Entertainerin bin. Ich bin es nie gewesen. Wie hätte ich mich denn auch dazu entwickeln sollen? Ich denke, das ist wieder einmal eines dieser Beispiele, die belegen, dass es doch wohl mehr das soziale Umfeld als die Gene sind, die den Charakter formen. Aber: Wie man mit diesem Basismaterial umgeht, wie man es nutzt oder verwirft oder es irgendwie anders gestaltet, je nachdem, wie man glaubt, seine Ziele (und welche?) besser zu erreichen und am Ende glücklicher zu leben, also wie und warum man sich verändert, darauf kann man schon bis zu einem gewissen Grad Einfluss nehmen (die Grenze des Einflusses liegt da, wo der Einfluss des Zufalls, des eigenen, künftigen Schicksals, und der anderer Menschen beginnt; schließlich lebt ja keiner unter einer Käseglocke, und wir können auch nicht voraussehen, welchen Menschen wir wo begegnen und was uns widerfahren wird etc.). Doch das ist manchmal auch ein harter Kampf und der Weg dorthin weit. Vollkommen umkrempeln kann man sich nicht, und das ist meiner Ansicht nach auch gut so, weil alles und jede Eigenschaft meist zwei Seiten hat und davon die positive, die einem selbst und anderen ein Geschenk ist, oftmals überwiegt. Das sollte man bei jedem Schritt bedenken und bevor man irgendeinen vermeintlichen Ballast abzuwerfen und durch etwas anderes auszutauschen versucht, lieber dreimal in den Spiegel schauen. Im Zweifel für den Angeklagten. Sich selbst treu bleiben und nicht zu viel Selbstkritik üben. Ich bin so, das hat schon seine Richtigkeit und seine Gründe.

Wenigstens hat zu meinen individuellen Eigenarten noch nie jemand gesagt: »Das liegt in der Familie.« Schon allein das ist für mich ein Grund, so zu bleiben, wie ich bin. Nicht aus Trotz oder Verleugnung meiner familiären Wurzeln. Es gibt schon Sachen, die ich meiner Familie verdanke (ich meine jetzt nichts materielles). Manche Wertvorstellungen zum Beispiel. Wesentliche Züge meiner Persönlichkeit hingegen, worauf sich alles andere im Laufe des Lebens aufbauen konnte, sind allenfalls ein neu kombiniertes Produkt meiner Eltern. Die eine Hälfte meiner Wurzeln wurde zusammen mit meiner Mutter beerdigt, so dass ich heute gar nicht mehr so nachvollziehen oder nur erahnen kann, was ich überhaupt von ihr habe (vom Äußeren natürlich abgesehen). Dafür hatte ich viel zu kurz die Ehre, sie zu kennen, und das in einem Alter, wo man noch mehr oder weniger in seiner eigenen Welt lebt (sieben Jahre sind jedenfalls in dieser Hinsicht keine lange Zeit).

Aber ich wollte ja eigentlich nur von der Familienfeier berichten und keinen Vortrag darüber halten, was die Familie mir bedeutet und wo ich für mich und mein Leben die Grenze ziehe. Dass ich mich zwar freue, hin und wieder alle wiederzusehen, dass ich mir aber auch nicht in mein Leben dreinreden lasse - auch wenn das für manche noch so schwer zu verstehen ist. Dass mir gelegentliche Frotzeleien über mein Äußeres und andere Belanglosigkeiten (»Du siehst ja sooo blass aus, gehst Du denn gar nicht in die Sonne? Hängst wohl zu viel vor dem Computer rum. Es sieht ja aus, als wärst Du krank; und was für einen Eindruck macht das denn. - Heller Hauttyp? Haha, was ist das für eine Ausrede.« Na ja, so ungefähr, nicht ganz wortwörtlich wiedergegeben, ich führe ja auch nicht an jedem Kaffeetisch Protokoll) zum einen Ohr rein und zum anderen wieder herausgehen, zumal es eh in vielen Fällen immer dieselben Phrasen sind. Natürlich gibt es dann auch (meist vonseiten der jüngeren Generation) immer wieder Menschen, die dagegenhalten (in dem einen Beispiel nannte mein Cousin den Gegenstand der Unterhaltung »vornehme Blässe«).

Doch das war eigentlich auch eher so ein Thema am Rande, denn das Themenspektrum ist ja bekanntlich bei solchen Familientreffen meist unerschöpflich (und nein, heute blieben die Alten - in der Elterngeneration haben schon alle die 60er-Grenze überschritten - nicht, wie man das oftmals zu solchen Anlässen erwartet, beim Thema Gesundheit hängen, wozu es auch nichts Neues zu berichten gegeben hätte).

Zwischen den Vorzügen von Geothermie und den neuesten Entwicklungen und Makeln von Navigationssystemen erwacht das gehandycapte Mädchen plötzlich zum Leben, und während der eine oder andere per Klopfzeichen mit ihr kommuniziert, legt sich eine wohltuende, friedliche Stille in den Raum. Später bei den kuriosen, wahren und/oder selbst erlebten kuriosen Anekdoten wird sie so furchtbar müde, dass sie darüber einschläft, und wacht erst wieder auf, als mein Onkel (der, mit dem wir gekommen sind) die Abenteuergeschichte aus den Endsiebzigern, wo er mit Frau und Ente (dem Auto!) bei zwei Metern Schnee auf dem Rückweg aus der polnischen Pampa eine richtige Odyssee erlebte (aber die Ente hat das alles mitgemacht ;)) bis sie irgendwann (!) einmal zu Hause ankamen.

Nun fand auch diese Familienfeier irgendwann ein Ende, und auch wenn ich hier so lange und langatmig geschrieben habe und dabei so manches Mal gedanklich ausschweifend wurde (ich denke mal, hin und wieder muss es doch mal sein, auch wenn es hauptsächlich Selbstzweck ist und sich für Außenstehende vielleicht langweilig liest - dafür schreibe ich ja hier auch noch anderes), so ist die Zeit doch relativ schnell vergangen. Es waren nicht länger als drei Stunden, die ich alles in allem sehr genossen habe, ebenso wie die vorüberziehende Eifellandschaft auf der Fahrt.

Meine Stimmung war im Groben von einem typischen, gemächlichen Sonntagsfeeling geprägt, in dem ich neue Kraft wofür auch immer getankt habe. Und das, obwohl der Morgen nicht so kraftvoll, sondern vielmehr mit einem Kreislaufkollaps, begonnen hatte. Tja, solche Ausmaße nimmt die Hitze also schon an... Ich möchte aber betonen, dass das bei mir nur allenfalls wenige Male im Jahr vorkommt. Damit Ihr Euch mal keine Sorgen macht. ;)

Euch allen einen erfolgreichen, aber nicht zu schwer bepackten, Wochenstart!

Karin

Karin 17.07.2006, 01.25 | (0/0) Kommentare | PL

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